zum Newsletter anmelden
 

Weg mit dem Dreck

Müll gibt es schon so lange wie es die Menschheit gibt. Es zu produzieren, ist eine rein menschliche Eigenheit. Anders als im Tier- und Pflanzenreich, wo ein perfekter geschlossener Kreislauf herrscht, haben wir auch im Zeitalter der Übertechnisierung und Digitalgedöns keine mustergültige Lösung für die Abfallbeseitigung finden können. Und an ernst gemeinter Abfallvermeidung, die im Übrigen kontraproduktiv zum Wachstumsgebot als Lebenselement einer funktionierenden Marktwirtschaft steht,  gibt es in unseren Breitengraden keine redenswerte Lobby. 

Wo kommen wir denn hin, wenn die Wirtschaft beginnt, ewig haltende Produkte ohne Sollbruchstellen zu entwickeln? Die Zyklen des Produzierens, Kaufens, Nutzens und Wegwerfens müssen kurz gehalten werden, damit die Konzernumsätze stimmen, Abreitsplätze gesichert sind und dadurch unser hoher Lebensstandard aufrechterhalten werden kann. Das neumodische „Einkaufen nach Maß“, bei dem Produkte unverpackt angeboten werden, ist ein Tropfen auf dem heißen Stein und ein Alibi, welches darüber hinweg täuscht, dass auch dadurch keine nennenswerte Abfallvermeidung erreicht werden kann.

Müll ist die hässliche Kehrseite der Konsumgesellschaft und vor allem ein Problem urbaner Regionen. Ein Städter verursacht heute doppelt bis viermal so viel Abfall wie ein Landbewohner – und die Verstädterung nimmt weltweit zu. Während vor 100 Jahren etwa 250 Mio. Menschen in Städten lebten, sind es heute über 3,5 Mrd., die täglich mehr als 3 Mio. t feste Abfälle produzieren. Bereits im Mittelalter führte die rasant wachsende Bevölkerungszahl und die Enge der Städte dazu, dass ihre Straßen Müllhalden glichen. Haus- und Gewerbeabfälle wurden direkt vor die Tür geworfen; Tierkot, menschliche Exkremente und Schlachtabfälle verschmutzten die Stadt und ihre Bäche und verpesteten die Luft. Als die Zustände nicht mehr tragbar erschienen, wurden die ersten Müllabfuhren ins Leben gerufen und Gewerbetreibende vor die Stadt verbannt. Demgegenüber ist das heutige Stadtbild der europäischen Metropolen nahezu tadellos – die Optik stimmt. Und doch erzeugen wir weiter Müll – weniger sichtbar, jedoch in rauen Mengen.

Über 40 Mio. t Abfall produzieren die deutschen Haushalte Jahr für Jahr. Unser Eifer kennt bei der Mülltrennung keine Grenzen und auch die Mehrweg-Einkaufstüte haben wir inzwischen in unser Herz geschlossen. Trotzdem gehören wir mit etwa einer halben Tonne Müll pro Jahr und Kopf zu den Spitzenreitern im europäischen Vergleich. Wertlos sind diese Hinterlassenschaften zum Glück nicht, eine ganze Branche lebt davon: 250.000 Menschen sind im Bereich der Abfallverwertung beschäftigt, 50 Mrd. Euro jährlich werden hier umgesetzt. Über 60 % des gesammten Abfalls werden hierzulande recycelt, bei Papier und Glas liegt die Quote sogar bei über 80 %.

Bauabfälle machen mit etwa 200 Mio. t jährlich fast die Hälfte des in Deutschland produzierten Mülls aus. Viele im Bauschutt enthaltene Stoffe sind für die Entsorgung eigentlich zu wertvoll. Daher werden gebrauchte Baustoffe, die beim Rückbau, Umbau oder der Sanierung von Bauwerken z. B. als Bauschutt, Straßenaufbruch oder Bodenaushub anfallen, in stationären Aufbereitungsanlagen oder mit mobilen Aufbereitungsmaschinen zerkleinert, sortiert,  nach Korngrößen klassiert und anschließend in den Baustoffkreislauf zurückgeführt. Nur noch ein Zehntel des Bauschutts landet heute auf Deponien, 1997 waren es noch 50 %. Ganz abgesehen von der Schonung natürlicher Rohstoffressourcen geht es auch um wirtschaftliche Aspekte, da durch die Aufbereitung und Wiederwerwertung von Bauabfall Entsorgungskosten eingespart oder lukrative Zusatzgeschäfte im Recycling generiert werden können.

Autor: Paul Deder

Weitere Artikel:

Ihrer Zeit voraus

Ihrer Zeit voraus

Kürzlich erreichte mich die Meldung, dass ein mir bekanntes Unternehmen, das innovative Maschinen für die Baustelle entwickelt, beim zuständigen Amtsgericht Insolvenz anmelden musste. Acht Jahre nach der Gründung konnte der Technologieanbieter das prognostizierte Geschäftswachstum nicht erreichen. Auch wenn es durchaus Chancen gibt, dass im Rahmen des Konkursverfahrens Investoren für die Umsetzung eines Sanierungsplans gefunden werden können, zeigt dieser Fall das Manko vieler junger Unternehmen mit Visionen: Sie scheitern oft, weil sie ihrer Zeit voraus sind.

mehr lesen

Auf Schrumpfkurs

Auf Schrumpfkurs

Stark gestiegene Zinsen, hohe Inflation und Knappheiten in den Märkten – seit fast zwei Jahren büßen zahlreiche Weltregionen an Schwung ein. Deutschland zählt zu den größten Verlierern der aktuellen geopolitischen Spannungen. Schon im letzten Jahr ist unser Bruttoinlandsprodukt preisbereinigt um 0,3 % gesunken. Und auch die Konjunkturvorhersagen des IWF für 2024 zeigen, dass es dem Land an Wachstumsimpulsen mangelt. In der Riege der größten Volkswirtschaften sind die Deutschen bei BIP-Prognosen nach dem krisengeplagten Argentinien Schlusslicht – mit einem Wachstum von lediglich 0,5 %.

mehr lesen

Das Mysterium Gen Z

Generation Z

Während sich die Babyboomer in den Ruhestand verabschieden und die Millennials Karriere machen, tritt die Generation Z langsam ins Rampenlicht. Bei den Arbeitgebern verbreiten die Digital Natives Angst und Schrecken: Trägheit und mangelnde Motivation werden ihnen nachgesagt, ebenso wie geringe Belastbarkeit und hohe Ansprüche. Millionen verwöhnter Gören und verzogener Bengel mit schlechter Arbeitsmoral, dafür aber einem Faible für Tofu, Gerechtigkeit und apokalyptische Endzeitszenarien. Wohnstandskinder, die ohne WLAN und bei leerem Akku apathisch werden, tagtäglich auf dem Sofa herumlümmeln und außerhalb der Online-Welt weder kommunikations- noch beziehungsfähig sind. Alles nur ein Klischee?

mehr lesen

Stürmische Zeiten

Stürmische Zeiten

Der Immobilienmarkt hat mit einer schwierigen Gemengelage zu kämpfen. Zum einen sind da die potenziellen Käufer, die trotz unterirdischer Rahmenbedingungen den Traum von den eigenen vier Wänden noch nicht aufgegeben haben. Nur sehr langsam kommt die Erkenntnis, dass sie sich bei der Wahl der Wunsch-Immobilie in Bescheidenheit üben müssen. Denn die Hoffnung, dass die Häuserpreise mangels potenter Abnehmer ins Bodenlose sacken, bleibt vorerst unerfüllt. Viele Verkäufer, die Anfang 2022 noch den Preis bestimmen konnten, sind nach wie vor nicht bereit, deutliche Abschläge für ihre Immobilien zu akzeptieren. Nach der Preiskorrektur für Bestandsobjekte aufgrund des Zinsanstiegs im letzten Jahr hat sich die Abwärtsbewegung der Immobilienpreise inzwischen spürbar verlangsamt.

mehr lesen

Paradigmenwechsel

Paradigmenwechsel

Die Kuh ist vom Eis. Nach monatelangem Streit zwischen den Ampel-Parteien, hitzigen Diskussionen auf den medialen Bühnen und großer Verunsicherung bei Eigentümern und Mietern hat der Bundestag das sogenannte Heizungsgesetz mit einer Mehrheit verabschiedet. Ab 2024 müssen in den meisten Neubauten Heizungen mit 65 % erneuerbarer Energie eingebaut werden, und auch für andere Gebäude ist der schrittweise Umstieg auf klimafreundliche Heizungen eingeläutet.

mehr lesen

(Un)pünktlich wie die Bahn

(Un)pünktlich wie die Bahn

Mitten in der Ferienzeit weckt ein aktueller Werbespot der Deutschen Bahn Lust auf Reisen. Ein breit grinsender, tiefenentspannter Bahnkunde lehnt sich zurück, schließt die Augen und genießt den Trip. „Weg von den Überstunden, weg vom Stau“ – Eine Bahnfahrt als unvergessliches Erlebnis mit magischen Landschaften außen und dem Komfort eines Fernzugs innen. Der Weg ist das Ziel! Die Realität sieht allerdings oft anders aus: Würde man den Schauspieler gegen einen echten Kunden austauschen, dann wäre sein Lachen eher hysterisch – als Ausdruck einer akuten Belastungsreaktion kurz vor dem Nervenzusammenbruch.

mehr lesen

Alibi-Programm

Alibi-Programm

Zwölf Jahre lang haben zahlreiche Akteure von der guten Baukonjunktur und boomenden Immobilienbranche profitiert. Seit dem zweiten Quartal 2022 ist die Party vorbei: Aus dem Verkäufer- ist ein Käufermarkt geworden, trotz des massiven Wohnraummangels sinkt die Nachfrage nach Wohnimmobilien spürbar. Der Auftragsbestand der Bauunternehmen schmilzt dahin, die Bauträger sind auf einmal gezwungen, Kaufinteressenten zu umwerben und auch für die ominösen Möchtegern-Makler, die sich trotz fehlender Fachkompetenz jahrelang die Taschen vollstopfen konnten, ist der Immobilienverkauf als Selbstläufer passe.

mehr lesen

KI: Chance oder Risiko?

KI: Chance oder Risiko?

Wir Menschen sind Perfektionisten – eine Eigenschaft, die aus evolutionärer Sicht  von entscheidender Bedeutung ist. Einst erreichte Standards werden immer und immer wieder in Frage gestellt, um die Latte für die Lebensqualität höher zu legen. Das hat dazu geführt, dass wir heute in einer völlig anderen Welt leben und sogar gerade dabei sind, künstliches Leben zu erschaffen. Wird die Künstliche Intelligenz (KI) zum Gamechanger oder droht uns eine digitale Revolution, die die Welt ins Chaos stürzt?

mehr lesen

Melkkuh der Nation

Melkkuh der Nation

Wir haben die Übeltäter! Endlich steht fest, wer für die verfehlten Klimaziele geradestehen und den radikalen Gesellschaftsumbau finanzieren muss. Nachdem der Gebäudesektor bei den erlaubten Jahresemissionsmengen erneut in rote Zahlen gerutscht ist, müssen die Immobilienbesitzer notfalls mit Brachialgewalt auf den vorgesehenen Dekarbonisierungspfad gebracht werden. Förderprogramme und Marktanreize? Sind teuer und der Erfolg ist schlecht planbar. Wer sich ein Haus leisten kann, sollte auch das nötige Kleingeld haben, um die klimapolitischen Versäumnisse der Großen Koalition auszubaden.

mehr lesen