Ist einmal die wilde Zeit des Single-Daseins vorbei und die Gründung einer Familie vollzogen, dann nimmt zumindest beim „Otto-Normalverdiener“ die allmonatliche Rechnerei des Haushaltsplans ihren Lauf. Dabei gestaltet sich die sorgfältige Verteilung des Familienbudgets heutzutage vermutlich etwas schwieriger als noch vor einigen Jahren. Hohe Energiekosten, schwindelerregende Mietanstiege und Lebensmittelpreise, die mehr zum Fasten als zum Schlemmern einladen, reißen enorme Löcher ins Haushaltsbudget. Ob nach Abzug aller verpflichtenden und notwendigen Ausgaben noch Geld für Kleidung, Hobbies, Urlaub, Mamas Beauty- und Papas Kumpeltour übrig bleiben – fraglich.
Ähnlich wie derzeit die Kaufkraft des einkommensschwächeren Teils der Bevölkerung schwindet, müssen sich auch Bund, Länder und Kommunen auf zurückgehende Steuereinnahmen einstellen. Die Gründe hierfür sind größtenteils hausgemacht. Die instabile geopolitische Lage und das schwache globale Umfeld treffen auf eine Regierung, die Hilferufe aus der Wirtschaft ignoriert und mit ihren Entscheidungen die Deindustrialisierung des Landes vorantreibt, anstatt durch besonnenes politisches Handeln dem stotternden Wirtschaftsmotor Starthilfe zu geben. Ein Familienvater würde bei steigenden Ausgaben den Sparstift ansetzen, Überstunden machen oder sich um eine Finanzspritze von außen bemühen. Die Ampel-Koalition baut die Sozialleistungen aus, als würde die Wirtschaft noch boomen, ruiniert mit ihrer Energiepolitik die eigene Industrie und drückt sich durch selbstauferlegte Kreditbeschränkungen vor notwendigen Maßnahmen zur Konjunkturbelebung. Die Taktik, den Sozialstaat noch weiter aufzublähen, erscheint auch deshalb zweifelhaft, weil ein großer Teil des budgetären Kuchens von denen mitgebacken wird, die gerade im Regen stehen gelassen werden – der Mittelstand des Landes. Etwas mehr Durchsetzungsbereitschaft, den enormen Investitionsrückstand des Landes abzubauen, würde sich für Unternehmen, Mitarbeiter, Bürger und den Staat als Steuererheber gleichermaßen lohnen.
Zudem stehen dem immer kleiner werdenden Haushaltsbudget perspektivisch weitere, schwer bezifferbare Ausgaben gegenüber. Die Folgen des Klimawandels kosten Geld, ebenso wie Maßnahmen zu seiner Verhinderung. Auch die militärische, finanzielle und humanitäre Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland sowie die damit einhergehende stetige Aufrüstung Deutschlands sind Kosten, die vor wenigen Jahren noch nicht eingeplant waren. Will Deutschland also globaler Wohltäter, Sozialstaat und zugleich wehrfähige Wirtschaftsmacht sein, muss der Kuchen-Durchmesser wachsen – durch eine Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik, Umschichtungen bei sozialen Leistungen und eine Veränderung der Prioritäten.
Eine Lockerung der Schuldenbremse darf dabei kein Tabu darstellen. Bei einer aktuellen Verschuldung Deutschlands von 63 % des BIP – im Übrigen der zweitniedrigste Verschuldungsgrad unter den wichtigsten Industrie- und Schwellenländern – erscheint eine Ausdehnung der Spielräume geboten, besonders wenn das Geld in notwendige Investitionen wie Digitalisierung, Energiewende, öffentliche Forschung sowie Wohnungs- und Infrastrukturbau gesteckt wird. So kann die Basis für eine moderne, wachstumsorientierte Volkswirtschaft gebildet und die Voraussetzung für zukünftigen Wohlstand geschaffen werden. Für den Staat genauso wie für seine Bürger.
(Autor: Paul Deder)