Generationswechsel bei der Gütegemeinschaft Leitungstiefbau e. V. (GLT): Im Rahmen der Mitgliederversammlung, die am 5. Mai 2023 in Bremen stattfand, wurde Dipl.-Ing. Willi Thomsen nach 27-jährigem ehrenamtlichem Engagement für die Gütegemeinschaft mit Standing Ovations aus dem Amt verabschiedet. Aufgrund seiner langjährigen Verdienste wurde Thomsen anschließend von den anwensenden rund 100 Mitgliedsunternehmen zum GLT-Ehrenpräsidenten ernannt. Zum neuen GLT-Präsidenten hat die Versammlung einstimmig den 43-jährigen Matthias Fiedler, geschäftsführender Gesellschafter der Deiser Bau GmbH, gewählt.
Neben den vielen für den Leitungstiefbau relevanten Sachthemen rund um einen qualitätsorientierten Breitbandausbau, die Herstellung einer leitungsgebundenen Infrastruktur für die Umsetzung der Energie- und Mobilitätswende sowie die Forderung nach einem flächendeckenden Leitungskataster stand die Wahl eines neuen Präsidiums auf der Agenda des Zusammentreffens. An die Seite von GLT-Präsident Fiedler wurden Karl Jelinski (Leonhard Weiss GmbH, Göppingen) und Hauke Krüger (Leitungsbau Nord GmbH, Wankendorf) ebenfalls einstimmig in das Amt der GLT-Vizepräsidenten gewählt. Dem Präsidium gehört darüber hinaus neu Cornelia Weber-Hunke aus dem Mitgliedsunternehmen Bergmann, Dortmund, an. Vervollständigt wird das Präsidium durch den noch zu wählenden Obmann des Güteausschusses, der erst auf dessen erster Sitzung bestimmt wird, sowie durch die GLT-Geschäftsführerin Susanne Hake.
Über die Wahl hinaus informierten GLT-Geschäftsführerin Dipl.-Ing. Susanne Hake, (Noch-)GLT-Präsident Thomsen, GLT-Vizepräsident Dipl.-Kfm. Hauke Krüger und die Präsidiumsmitglieder Matthias Fiedler, Dipl.-Ing. (FH) Fritz Eckard Lang, Larissa Zeichhardt und Karl Jelinski die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über alle relevanten Initiativen und Aktivitäten des Vereinsjahres 2022 sowie über die wirtschaftlichen Kennzahlen und die Arbeit des Güteausschusses. Und erfreulich war es zudem, dass der Preisträger des diesjährigen GLT-Förderpreises 2023, Tobias Siekemeyer, die Urkunde für seine herausragende akademische Ausarbeitung zum Thema „Entsorgungsnotstand für Bauschutt und Erdaushub im Rhein-Main Gebiet– Auswirkungen, Grenzen und Perspektiven“, persönlich entgegennehmen konnte.
Der Verantwortung gestellt
„Ein letztes Mal von mir ein Blick zurück“, mit diesen Worten begann Thomsen den aktuellen Tätigkeitsbericht des Präsidiums. Auch das vergangene Jahr, so Thomsen, sei trotz weitgehender Überwindung der Corona-Pandemie kein Zuckerschlecken gewesen. „Neben fortdauerndem Personalmangel, neuer Lieferkettenproblematik, verbunden mit explodierenden Mineralöl- und Baustoffpreisen und lähmender Bürokratie, war für viele von uns im Jahr 2022 harte Arbeit im Krisenmodus eher die Regel als die Ausnahme“, so Thomsens Zusammenfassung der Lage. Trotzdem sei der Leitungstiefbau auf Kurs geblieben und habe sich seiner Verantwortung als systemrelevante und der Daseinsvorsorge verpflichtete Branche stets gestellt. „Unsere Partner können sich jederzeit auf uns verlassen. Auf diesen Erfolg dürfen wir alle zurecht stolz sein“, unterstrich Thomsen. Dies sei um so bemerkenswerter, da die Herausforderungen nicht kleiner würden. Die von Bundesminister für Digitales und Verkehr, Volker Wissing, formulierte Routenplanung einer vollständigen Glasfaserabdeckung bis zum Jahr 2030 zeige eine ambitionierte Richtung auf. „Wenn nun auch noch unsere Haftungsrisiken minimiert werden, weil endlich ab Mitte dieses Jahres eine Norm für untiefe Legearten auf dem Markt sein wird, dann können wir Leitungsbauer die Bundesregierung in diesem politischen Ziel unterstützen“, so Thomsen.
Energie- und Mobilitätswende – die Basis ist das Verteilnetz
Nicht erst, aber doch spätestens mit Beginn des Ukraine-Krieges, dies betonte Thomsen, habe sich in Deutschland die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Ausbau erneuerbarer Energien forciert vorangetrieben werden müsse. „Die Bundesregierung sieht eine Verdoppelung des Öko-Stromanteils bis zum Jahr 2030 auf 80 % vor. Soll sich die Gesamtleistung der Windräder an Land bis 2030 auf 115 GW Strom um das Doppelte erhöhen, müssen die Ausbaumengen bei Windkraft, aber auch bei Photovoltaik dramatisch erhöht werden“, erläuterte Thomsen. Basis für all diese politisch plakatierten Absichtserklärungen sei aber das Verteilnetz. „Die Energiewende beginnt im Verteilnetz! Wir können noch so viele Windkraftanlagen offshore oder onshore aufstellen, riesige Photovoltaikparks entlang der Autobahnen und Bahngleise installieren, wenn die dort erzeugten Strommengen nicht bei den Verbrauchern ankommen, da die vorhandenen Ortsnetze nicht in der Lage sind, die per Regierungsbeschluss sehr kurzfristig benötigten Energiemengen zu transportieren. So wird die Wärme- und Energiewende nicht funktionieren“, unterstrich Thomsen mit Hinweis darauf, dass – und dies sei keine Raketenwissenschaft – die ideologisch getriebene Energiewende auch physikalische Grenzen habe. „Wenn diese Hausaufgaben gemacht sind, stehen wir Leitungsbauer aber für die Umsetzung der Energiewende selbstverständlich bereit. Denn es ist unser ureigenstes Geschäft, Leitungen zu legen, Windparks und Photovoltaikanlagen anzuschließen und ins Verteilnetz einzubinden!“ Die dritte große Wende aber – dies gehöre zur Vollständigkeit dazu – sei die Verkehrswende. Viele der GLT-Mitgliedsunternehmen, dies ginge auch aus er aktuellen GLT-Umfrage hervor, würden ihre Geschäftsfelder in Richtung „Aufbau einer Ladesäulen-Infrastruktur“ erweitern. „Auch hier müssen Leitungen gelegt werden, denn die Säulen müssen nicht nur ans Verteilnetz angeschlossen, sondern das Verteilnetz muss auch ertüchtigt werden“, so Thomsens Hinweis auf zukünftige Aufgabenbereiche der im Leitungstiefbau tätigen Unternehmen.
Am Ende eines langen Weges
Je härter ein Weg war, desto schöner ist der Zieleinlauf. Und dass mit der DIN 18220 der sogenannten DIN „Trenching“ ein Herzstück und eine Kernforderung der Branche endlich Gestalt angenommen hat, ist nicht zuletzt auch dem Einsatz der GLT und vielen weiteren Akteuren der Branche zu verdanken. „Seit fast drei Jahren arbeiten wir intensiv mit an einer DIN-Norm für untiefe Legearten. Diese ist fertiggestellt, war in der Einspruchsphase und wird noch im Mai ihre letzte Hürde nehmen“, warf Vize-Präsident Karl Jelinski einen Blick zurück auf das Geschehen. „Wir Leitungstiefbauer legen große Hoffnung in dieses DIN-Regelwerk“, betonte Jelinski. Für viele Unternehmen der Branche seien die konkreten Rahmenbedingungen, insbesondere mit Blick auf unzumutbare Haftungsrisiken nicht hinnehmbar gewesen. Dies werde sich nun ändern. „Zusammen mit dem parallel erschienenen Trenching-Merkblatt der FGSV, in dem die Oberflächen-Wiederherstellung definiert ist, wird es diese DIN-Norm es Kommunen, Versorgern, aber auch uns Leitungstiefbauern ermöglichen, eine qualitativ hochwertige, normengerechte und juristisch abgesicherte Leitungslegung im Bereich Breitband auszuführen. Davon bin ich überzeugt!“
Wir wollen wissen, wo unsere Leitungen liegen!
Leitungsauskünfte, ja, die gäbe es in Deutschland, aber keines der vorhandenen Auskunftsportale könne den Anspruch auf Vollständigkeit erheben. „Versorger geben ungern die Lage ihrer Leitungen bekannt“, beschrieb Larissa Zeichhardt ein Problem, dessen Lösung sich die GLT nun sehr prominent auf ihre Fahne geschrieben hat. „Der Wettbewerb im Breitbandausbau ist ein entscheidender Hemmschuh auf dem Weg einer flächendeckenden transparenten Dokumentation der Leitungslage“, so Zeichhardt. Aktuell sei die Situation für den Aufbau eines flächendeckenden Leitungskatasters besonders günstig. Mit der Datenerhebung durch die Bundesnetzagentur für das Gigabit-Grundbuch biete sich die einzigartige Möglichkeit, die für Leitungen derzeit unzureichende Dokumentationssituation zu verbessern und damit den Infrastrukturausbau in Deutschland insgesamt günstiger, sicherer und nachhaltiger zu gestalten. „Wir wünschen uns mehr politischen Druck, den Versorgungsunternehmen offensichtlich benötigen, um ihre Daten für ein solches Kataster zur Verfügung zu stellen. Denn auf freiwilliger Basis scheinen Versorger nicht willens und bereit zu sein, diesen Quantensprung für ein Mehr an Qualität mit auf den Weg zu bringen.“
Viel bewegt im Güteausschuss
Bei den vielen immer komplexer und umfänglicher werdenden Aufgabenstellungen der GLT besteht doch der wesentliche Aufgabenbereich der Gütegemeinschaft immer noch darin, die Mitglieder im Bereich Kabelleitungslegung zu prüfen, das Gütezeichen RAL-GZ 962 zu verleihen, zu verlängern und ihnen damit zu attestieren, dass sie im Bereich Leitungstiefbau qualitativ hochwertige Arbeit leisten. Das RAL-GZ 962/1 im Leitungstiefbau ist derzeit an 23 Firmen, das RAL-GZ 962/2 Kabelleitungstiefbau an 215 Firmen verliehen. Im Jahresverlauf 2022 wurden 120 Kontrollprüfungen und 10 Erstprüfungen in vier Hybrid-Sitzungen des Güteausschusses diskutiert, bewertet und abgestimmt. Viele der Erstprüfungen waren erfolgreich, bei einigen musste noch nachgebessert werden. Somit konnten am Ende des Jahres 2022 rund 250 Unternehmen der Kabelleitungstiefbaubranche ein aktuelles Gütezeichen mit ins neue Jahr nehmen. Sie alle haben Qualität im Tiefbau, in der Leitungslegung und im Oberflächenschluss nachgewiesen. Für das Jahr 2023 sind 128 Kontrollprüfungen und 10 Erstprüfungen geplant, davon vier zum RAL-GZ 962/1 Leitungstiefbau und sechs zum RAL-GZ 962/2 Kabelleitungstiefbau. „Wir haben ein tolles Team, das sich aus Auftraggebern, Tiefbauern und Gutachtern sowie der Geschäftsführung der GLT zusammensetzt. Unterschiedliche Ansichten zu bestimmten Themen sind hier vorprogrammiert. Aber wir gehen aus jeder Sitzung mit einem Konsens heraus“, so Fiedler zur aktuellen Arbeit des Güteausschusses. „Unser aller Dank gilt den 16 Experten, die pro Jahr rund 130 bis 140 Prüfberichte verfassen, auswerten und beschließen.“
Time to say „Dankeschön“!
Mit dem Beginn des neuen Vereinsjahres haben sich einige Präsidiumsmitglieder der GLT nicht mehr zur Wiederwahl in das Präsidium gestellt. Hierzu zählten Larissa Zeichhardt, die bewiesen habe – so Thomsen in seiner Verabschiedung mit Hinweis unter anderem auf ihr forciertes Social-Media-Engagement im Dienste der GLT – dass Internet auch mit Qualität zu realisieren sei. Ein herzlicher Dank Thomsens galt selbstverständlich Fritz Eckard Lang, seinem präsidialen Wegbegleiter über viele Jahre, der von der Mitgliederversammlung zum GLT-Ehrenmitglied ernannt wurde. „Du lieber Fritz hast Dich über 15 Jahre als Vize-Präsident der GLT stets mit besonderem Herzblut eingebracht. Falls es Dich nicht schon gäbe, müsste man eine so besondere Person wie Dich erst noch erfinden“, resümierte Thomsen in Erinnerung vieler gemeinsam im Sinne der GLT gestalteter Jahre. „Im Schulterschluss und tiefer Freundschaft haben wir immer wieder angemahnt, welche Versorgungsausfälle und Blackouts hierzulande passieren können, wenn nicht endlich auskömmlich in unterirdische Infrastrukturen investiert werde“, so auch Langs Blick zurück auf eine lange im Kreise der Gütegemeinschaft gemeinsam verbrachte intensive Zeit.
Viel erreicht – Vieles noch zu tun
„Es sind große Fußstapfen, in die ich heute trete, aber ich freue mich auf diese besondere Herausforderung“, betonte Fiedler in seiner ersten präsidialen Ansprache der Mitgliedsunternehmen. Damit verwies Fiedler auf die neuen Herausforderungen, denen sich die Leitungstiefbaubranche nun zu stellen habe: „Wir müssen unseren Qualitätsgedanken, den wir seit Jahren in unserem Arbeitsalltag integriert haben, auch in unsere neuen Geschäftsmodelle führen. Neue Geschäftsmodelle bedeuten ein neues Klientel von Auftraggebern, die zunächst von unserem Qualitätsgedanken überzeugt werden müssten“, so Fiedler. Als neuer Präsident werde er sein Netzwerk nutzen, um gerade den Versorgern im Breitbandausbau „die Augen zu öffnen“.