zum Newsletter anmelden
 

Montag, 28. August 2023

Rohstoffversorgung mit Gips in Gefahr

Gips ist ein Schlüsselbaustoff für kostengünstigen und zugleich hochwertigen Wohnungsbau. Mit dem Ende der Kohleverstromung fällt spätestens 2038 der sogenannte REA-Gips als wichtige Rohstoffquelle weg. In der Konsequenz muss wieder mehr Naturgips abgebaut werden, der in Deutschland in ausreichendem Maße vorhanden ist. Der Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM) und der Bundesverband der Gipsindustrie (BVG) fordern Bund und Länder zum Handeln auf. Nur so kann die Rohstoffversorgung verlässlich und nachhaltig für die nächsten Generationen gesichert werden.

Das Kohleausstiegsgesetz (KVBG) sieht ein Ende der Kohleverstromung bis spätestens 2038 bzw. optional schon bis 2035 vor. Bis dahin wird sich das Angebot an REA-Gips, welcher als Nebenprodukt der Kohleverstromung entsteht, weiterhin massiv verknappen und letztendlich komplett ausbleiben. Ein nochmaliges Vorziehen des Kohleausstiegs bis „idealerweise 2030“, wie im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien vorgesehen, würde das REA-Gips-Angebot, welches derzeit ca. 40 % des Rohstoffbedarfs deckt, noch schneller reduzieren.

Bund und Länder sollten Naturgips-Abbau ermöglichen

Der Vorsitzende des Bundesverbands der Gipsindustrie, Thomas Bremer, fordert daher: „Bund und Länder müssen endlich konkrete Lösungsansätze präsentieren! Wir benötigen zusätzliche Planungsflächen, um die Rohstoffversorgung mit Gips in Deutschland weiter sichern zu können.“

Auch eine umfangreiche Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz hat ergeben, dass die Versorgung mit Gipsrohstoffen über die nächsten 25+ Jahre gefährdet ist. Demnach kommt EY zu der Handlungsempfehlung, dass im Rahmen des Wegfalls von REA-Gips wieder verstärkt Primärrohstoffe in Form von Naturgips eingesetzt werden müssen. Bremer sagte dazu: „Nun attestieren auch unabhängige Gutachter, dass die langfristige Versorgung mit unseren Gipsrohstoffen gefährdet ist und bestätigen, dass in Zukunft mehr Naturgips eingesetzt werden muss. Die Problemlage ist erkannt, nun müssen politische Taten folgen.“

Einer Bestandsaufnahme der Staatlichen Geologischen Dienste zu Gipsvorkommen in Deutschland zufolge, ist der Rohstoff Gips hierzulande in großen Mengen vorhanden. Könnten diese Vorkommen umweltschonend erschlossen werden, ließe sich die Versorgungslücke langfristig schließen. Häufig wird die inländische Rohstoffgewinnung jedoch erschwert oder verhindert. Im Bericht heißt es dazu wörtlich: „Im Vorfeld einer industriellen Nutzung sind Bund und Länder gefragt, die Erkundung neuer Gipslagerstätten zu befürworten und aktiv zu unterstützen.“

Deshalb fordert die Industrie von jenen Bundesländern, in denen es nachweislich Naturgipsvorkommen gibt:

  • Eine bedarfsunabhängige sowie langfristige Ausweisung neuer Flächen für die Naturgipsgewinnung in der jeweiligen Raumordnung.
  • Die grundsätzliche Ausweisung von Flächen für die Gewinnung von Naturgips unter Tage durch die Berücksichtigung in der Raumordnung.
  • Feste Regelungen für die umweltverträgliche Gewinnung von Gipsgestein auch in – für die Förderung der Biodiversität sinnvollen – Teilbereichen von Schutzgebieten.
  • Die Fortschreibung der dafür notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Wohnungsbauziele ohne Gips nicht erreichbar

Vor dem Hintergrund der im Koalitionsvertrag vereinbarten ambitionierten Ziele im Wohnungsbau (400.000 zusätzliche Wohnungen pro Jahr), der steigenden Notwendigkeit energetischer Modernisierungen sowie des Ausbaus und Erhalts der Infrastruktur und erneuerbarer Energien wird der Rohstoffbedarf der gipsverarbeitenden Industrien bis 2040 realistisch mindestens auf dem hohen Niveau von rund 10 Mio. t verbleiben. Der VDPM-Vorstandsvorsitzende Christoph Dorn sagte dazu: „Fehlender Gips wird die Wohnungsbaupläne der Bundesregierung platzen lassen. Wir müssen dringend mehr Naturgips abbauen, andernfalls entsteht eine Versorgungslücke. Dafür braucht es die Unterstützung der Politik.“

Gipsbaustoffe können grundsätzlich immer wieder recycelt werden und die Industrie führt derzeit alle verfügbaren Mengen wieder der Kreislaufwirtschaft zu. Dennoch kann Recycling-Gips die entstehende Lücke in der Rohstoffversorgung auf absehbare Zeit nicht füllen. Das liegt vor allem an der begrenzten Menge recycelbarer Gipsabfälle. Um die Potenziale des Gips-Recyclings zu heben, muss die Bundesregierung nach Ansicht der Industrie die dringend notwendige Rechtssicherheit für den Einsatz von Recycling-Gips herstellen. Aber selbst dann, wenn diese Hürden gesenkt werden, würde dies mengenmäßig nicht ausreichen, um den Wegfall von REA-Gips zu kompensieren. Auch andere Baustoffe, wie z. B. Lehm, der gleichermaßen im übertägigen Abbau gewonnen wird, können den Bedarf nicht decken, wie eine Studie der Hochschule Rosenheim belegt.

Zum Hintergrund

Der inländische Bedarf an Gips liegt bei insgesamt 10 Mio. t jährlich und wird fast zu 100 % aus heimischen Rohstoffquellen gedeckt. Der Gips-Rohstoffmix bestand 2020 aus 60 % Naturgips/­anhydrit sowie aus nur noch 40 % REA-Gips, während in den Jahren vor dem Kohleausstiegsgesetz das Verhältnis noch umgekehrt war. REA-Gips steht für ein Nebenprodukt der Kohleverstromung (REA = Rauchgas-Entschwefelungs-Anlage). Jedes Kohlekraftwerk verfügt gemäß Bundes-Immissionsschutzgesetz über eine solche Anlage, um das im Rauchgas enthaltene Schwefeldioxid zu binden. Der so entstehende REA-Gips ist mit natürlichem Gips praktisch chemisch identisch und ebenso vielfältig einsetzbar.

Aus dem deutschen Bauwesen, welches bis zu 75 % seiner Werkstoffe aus mineralischen Rohstoffen bezieht, ist der Rohstoff Gips nicht wegzudenken. Gips ist der zentrale Baustoff für die modernen klimafreundlichen Trocken- und Leichtbauweisen, die ressourceneffizientes, nutzungsflexibles, bezahlbares, brandsicheres und schnelles Bauen ermöglichen. Gipsprodukte (z. B. Gipsplatten) sind ökologisch vorteilhaft. in allen Bauten und Bauweisen vertreten und kommen bei nahezu jedem Innenausbau zum Einsatz. Gipsbaustoffe ermöglichen praxisgerechte Konstruktionen, um dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. Neue Wohnraumpotenziale können so durch Nachverdichtungen sowie Aufstockungen in urbanen Ballungszentren erschlossen und weitere Flächenversiegelungen vermieden werden. Aufgrund seiner besonderen bauphysikalischen Eigenschaften und der einfachen Verarbeitbarkeit lässt sich Gips nicht wirtschaftlich sinnvoll durch andere Baustoffe ersetzen.

Naturgips/-anhydrit ist in Deutschland ausreichend vorhanden und technisch wie ökonomisch grundsätzlich gut erschließbar. Beim Abbau von Naturgips/-anhydrit gelten in Deutschland schon jetzt weltweit die höchsten Umweltstandards und Vorgaben. Die Industrie geht bei ihren Aktivitäten oft über dieses Niveau hinaus und setzt konsequent auf hochwertige Rekultivierung und Renaturierung der Abbauflächen. Steinbrüche sind aus Sicht des NABU (Naturschutzbund Deutschland) wertvolle Ersatzlebensräume für bedrohte Pflanzen- und Tierarten. Bereits während des laufenden Gewinnungsbetriebes bieten sie Lebensräume für angepasste Artengruppen der Insekten, Amphibien, Reptilien und Vögel. Diese Prozesse werden von den Gipsherstellern in wissenschaftlich begleiteten Biodiversitätsprojekten fachlich gestützt. Die Naturgipsgewinnung und die Ziele des Naturschutzes lassen sich so harmonisch in Einklang bringen.

Weitere Artikel:

Prognose Gewerbebau 2025

Die Bauwirtschaft blickt mit gemischten Gefühlen ins Jahr 2024 – das liegt nicht zuletzt am derzeitigen Rückgang der Nachfrage im Hochbau. Die aktuelle Bauprognose von BauInfoConsult zeigt jedoch: Zumindest bei den Aussichten für den Gewerbebau mischt sich etwas mehr Licht in den Schatten, den der rückläufige Wohnungsbau wirft. Zwar macht der Nichtwohnungsbau bis 2025 wohl ebenfalls keine großen Sprünge – dennoch gibt es einige Bausegmente, die sich berechtigte Hoffnung auf verstärkte Bauaktivitäten machen können. Das liegt vor allem an den beiden gesellschaftlichen Megatrends Digitalisierung und Energiewende, die den Gewerbebau stimulieren. Aber auch im öffentlich geprägten Bildungssektor gibt es bauliche Bewegung.

mehr lesen

Partnerschaft zwischen Kramer und Kiesel

Kiesel und Kramer
Die Kiesel Group ist Systempartner in der Bau-, Umschlag- und Kompaktindustrie. Als ein europaweit agierendes Handels- und Dienstleistungsunternehmen agiert das Unternehmen in vier strategischen Geschäftsfeldern: Handel, Hersteller, Coreum und Beteiligungen. Im Bereich Handel wird Kiesel Trade demnächst Vertriebspartner von Kramer - ab dem 1. Januar 2024 vertreibt das Unternehmen die blaue Industrielinie für die Umschlagindustrie exklusiv.

mehr lesen

Belastungsstopp bei Bauvorschriften

Die Bauministerkonferenz (BMK) hat sich am Freitag auf ihrer 142. Sitzung in Baden-Baden gemeinsam mit Bundesbauministerin Klara Geywitz und ihrem Staatssekretär Rolf Bösinger mit den aktuellen Problemen beim Wohnungsbau beschäftigt. Ein Schwerpunkt war dabei – neben den Möglichkeiten zur Forcierung des Neubaus – das Schaffen von mehr Wohnraum im Bestand. Die für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Minister und Senatoren der Länder haben beschlossen, die Regeln in der Musterbauordnung für den Um- und Ausbau bestehender Gebäude zu lockern.

mehr lesen

Vorschau VDBUM-Großseminar 2024

VDBUM Großseminar
„Menschen, Maschinen, Machen“ ist das Motto des kommenden VDBUM-Großseminars 2024, das vom 30. Januar bis 2. Februar im Kongresscentrum Sauerland Stern Hotel in Willingen abgehalten wird. Die Veranstaltung, zu der über 1.100 Besucher erwartet werden, ist geprägt von einem breitgefächerten Vortragsprogramm und deutlich mehr Raum zum Netzwerken. Erstmals erhalten die Teilnehmenden ein Mitspracherecht bei der Vergabe des VDBUM-Förderpreises.

mehr lesen

Hilti eröffnet Innovationszentrum

Hilti Innovationszentrum
Mit dem neuen Innovationszentrum am Standort Kaufering hat Hilti ein Arbeitsumfeld geschaffen, das den Entwicklungsprozess neuer Technologien und Produkte fördern soll. Das Gebäude bietet rund 250 Mitarbeitern den nötigen Raum und die Infrastruktur, um Lösungen von morgen zu entwickeln und zu erproben. Das architektonische Konzept wurde nach neuesten Erkenntnissen entworfen und erfüllt die Anforderungen an einen modernen digitalen und technischen Arbeitsplatz, der für die Zukunft gerüstet ist.

mehr lesen

Cemex startet Kiesel-Integration

Cemex startet Kiesel-Integration
Um ihren Bereich Urbanisation Solutions zu stärken, hat Cemex Deutschland die Kiesel Bauchemie übernommen – ein führendes Technologieunternehmen für leistungsfähige Verlegewerkstoffe mit Sitz in Esslingen bei Stuttgart. Mit der Übernahme erweitert Cemex seine Kapazitäten, um die wachsenden urbanen Märkte in Europa mit innovativen und nachhaltigeren Lösungen zu bedienen. Der Erwerb von Kiesel Bauchemie ist eine zentrale Stütze der breiteren strategischen Ausrichtung von Cemex. Jetzt hieß das Cemex-Management die neuen Kollegen im Unternehmen willkommen.

mehr lesen

Absatzeinbruch bei WDV-Systemen

Einbruch bei der Fassadendämmung
Was sich im Laufe des Jahres bereits andeutete, hat im dritten Quartal 2023 nochmals an Ausmaß und Geschwindigkeit zugelegt: Der Absatz von Wärmedämm-Verbundsystemen ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 22,9 % eingebrochen. Damit liegt der Wert wiederholt deutlich über dem schon sehr negativen Trend im ersten (-17,2 %) und zweiten Quartal 2023 (-13,5 %). Angesichts dieser Entwicklung drohen spürbare Auswirkungen auf das Erreichen der Klimaneutralität im Gebäudebestand in Deutschland.

mehr lesen

Bauwirtschaft fordert Politik zum Handeln auf

Bauwirtschaft fordert zum Handeln auf
Deutschland verfehlt alle gesteckten Ziele im Wohnungsneubau, mit drastischen Folgen für die Bevölkerung durch rasant steigende Mieten. Die CEOs führender Unternehmen der Bauwirtschaft richten einen dringenden Appell an alle Bundesländer, ab 2024 die Baukosten durch ein Aussetzen der Grunderwerbssteuer zu senken. FCN als mittelständischer Baustoffhersteller unterstützt diese Aktion.

mehr lesen

Neuer Atlas-Händler in Österreich

Dobrowa wird Atlas-Händler
Seit Kurzem ist die Dobrowa GmbH mit Sitz in Salzburg exklusiver Händler für ATLAS-Bagger auf dem österreichischen Markt. Das Hauptaugenmerk von Dobrowa liegt bei nachhaltigem Recycling. Bei der Weiterverarbeitung geht es um die Veredelung von Schrott, dessen Aufbereitung sowie die Sicherung wertvoller Rohstoffe. Mittels verschiedenster Techniken und Maschinen profitieren die Kunden stets von der umfassenden Kompetenz in Sachen Recycling.

mehr lesen