Auch wenn Deutschland derzeit in einer Bau-Rezession steckt, gilt Bausand – global betrachtet und nach Süßwasser der meistverwendete Rohstoff – zunehmend als Mangelware. Derzeit verbraucht die Menschheit etwa doppelt so viel Sand, wie alle Flüsse der Erde jährlich nachliefern können: Rund 50 Mrd. t werden weltweit jedes Jahr benötigt. Haupttreiber sind massive Infrastrukturinvestitionen in China, der Bauboom in Indien durch eine rapide wachsende Mittelschicht sowie milliardenschwere Großprojekte im Nahen Osten, mit denen sich die Region vom Öl unabhängig machen will. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch die Metropolen Afrikas ihre Bauwirtschaft deutlich ausweiten. Da Wüstensand – vom Wind rundgeschliffen – für den Einsatz im Bauwesen weitgehend ungeeignet ist, braucht es dringend einen verantwortungsvolleren Umgang mit nutzbarem Bausand sowie die Entwicklung nachhaltiger Alternativen. Nur so lässt sich eine langfristig drohende Knappheit bewältigen und der wachsende Bedarf mit den ökologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen in Einklang bringen.
Es gibt bereits einige vielversprechende Alternativen zu klassischem Bausand. Eine besonders innovative Idee stammt aus dem oberfränkischen Reckendorf, wo eine Ziegelei neuerdings Haselnussschalen als Ersatzmaterial verwendet. Die Firmenchefin Gabriele Götz reagierte auf die Energiepreisexplosion im Jahr 2023 mit einer neuen Upcycling-Produktpalette für Lehmprodukte – mit dem Ziel, vollständig auf Sand verzichten zu können. Im Interview mit BR24 erklärt sie: „Ich habe einen Sandersatz gesucht, weil der Quarzsand durch die ganze Gasproblematik so teuer geworden ist.“ Mittlerweile kommen fein gemahlene Haselnussschalen sowohl bei der Herstellung von Lehmputzen als auch in neu entwickelten Lehmbauplatten zum Einsatz.
Darüber hinaus experimentiert die Ziegelei auch mit Kaffeesatz. Dieser verleiht den Oberflächen nicht nur eine feine Struktur und dient als Volumenersatz für Sand – in verkohlter Form kann Kaffeesatz sogar die Festigkeit von Beton verbessern. Forscher aus Australien entdeckten, dass sich durch das Erhitzen von Kaffeeabfällen unter Sauerstoffentzug auf über 350 °C eine kohlenstoffreiche Substanz bildet, die dem Baustoff zusätzliche Stabilität verleiht. Angesichts der Tatsache, dass weltweit jährlich rund 10 Mrd. kg Kaffeesatz anfallen, von denen der größte Teil auf Mülldeponien endet, während die Betonherstellung für erhebliche Klimaschäden in Verantwortung gezogen wird, ist dieser kleislaufwirtschaftliche Ansatz eine interessante Option für mehr Umweltschutz.
Auch Flugasche – ein Nebenprodukt der Kohleverbrennung – bietet aufgrund ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften großes Potenzial als nachhaltiger Zusatzstoff im Bauwesen. Ihr Einsatz spart nicht nur CO2 und schont natürliche Rohstoffvorkommen, sondern verbessert zugleich die Materialeigenschaften von Beton. Die feinen, glatten Partikel der Flugasche reduzieren den Wasserbedarf des Gemisches, was die Verarbeitung und Verdichtung erleichtert. Zudem verringert sich die Porosität des Betons, was zu einer höheren Festigkeit und Langlebigkeit des Baustoffs führt.
(Autor: Paul Deder)