zum Newsletter anmelden
 

Freitag, 6. September 2024

IG BAU und Mieterbund fordern "Konjukturprogramm Wohnen"

Konjunkturpaket für mehr Wohnungsbau – gegen die Wirtschaftskrise und die Wohnungsnot: Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und der Deutsche Mieterbund (DMB) haben die Bundesregierung aufgefordert, ein „Konjunkturprogramm Wohnen“ aufzulegen. Dazu müssten Bund und Länder den Neubau von Wohnungen künftig mit 20 Mrd. Euro pro Jahr fördern. Die Summe geht aus Berechnungen hervor, die das Pestel-Institut für die IG BAU und den Mieterbund gemacht hat.

Ziel müsse es sein, das Angebot auf dem Wohnungsmarkt in drei Bereichen massiv auszubauen: bei den Sozialwohnungen, beim bezahlbaren Wohnen und bei der Bildung von Wohneigentum. Um die dazu notwendige Finanzierung zu schaffen, solle der Staat das Hinterziehen von Steuern intensiver verfolgen. Den durch Steuerhinterziehung entstehenden Schaden schätze der Bundesrechnungshof auf immerhin 30 bis 50 Mrd. Euro pro Jahr.

„In Deutschland fehlen 540.000 Wohnungen. Außerdem droht dem Bau eine handfeste Krise. Eine groß angelegte Wohnungsbau-Offensive ist dringend notwendig, um die dramatische Wohnungsnot endlich wirksam zu bekämpfen und um gleichzeitig die schwächelnde Wirtschaft zu beleben. Es kommt jetzt darauf an, den Wohnungsbau als Konjunkturmotor in der Krise zu nutzen“, sagt der Bundesvorsitzende der IG BAU, Robert Feiger.

Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten sieht in einem „Konjunkturprogramm Wohnen“ zudem ein deutliches Signal an die Bevölkerung: „Die Wohnungsnot wird von Tag zu Tag schlimmer. Und die Mieten gehen weiter steil nach oben. Allein die von den Job-Centern gezahlten Kosten der Unterkunft, bei denen es um das untere Marktsegment geht, sind in den vergangenen 9 Jahren bundesweit im Schnitt um 41 % nach oben gegangen. Zum Vergleich: Die Verbraucherpreise sind in dieser Zeit um 26 % gestiegen. Das rasante Ansteigen der Mieten hat viele Haushalte in enorme Schwierigkeiten gebracht – sie haben sich finanziell ‚blank gemietet‘. Es muss also dringend etwas passieren. Die Menschen warten darauf. Bei den 540.000 Wohnungen, die aktuell fehlen, geht es im Grunde ausschließlich um bezahlbare Wohnungen und um Sozialwohnungen. Da haben wir die Akut-Not.“

Im Fokus eines „Konjunkturprogramms Wohnen“ müssen deshalb, so IG BAU und Mieterbund, der soziale Wohnungsbau und das bezahlbare Wohnen stehen. Aber auch die Bildung von Wohneigentum sei wichtig und als weitere, dritte Säule des Wohnungsneubaus notwendig. Insgesamt sei dafür die staatliche Förderung von 20 Mrd. Euro pro Jahr durch den Bund und die Länder erforderlich. 17 Mrd. Euro davon müsse der Bund investieren – und damit 13,5 Mrd. Euro mehr, als er bislang für den Neubau von Wohnungen im kommenden Jahr bereitstellen will. Das geht aus Berechnungen hervor, die das Pestel-Institut im Auftrag der IG BAU und des Mieterbundes gemacht hat. Die Wissenschaftler haben dabei die notwenigen Rahmenbedingungen für ein „Konjunkturprogramm Wohnen“ untersucht.

Das größte Investitionsdefizit des Staates gibt es nach Berechnungen des Pestel-Instituts beim Neubau von jährlich 100.000 Sozialwohnungen. Hierfür müsse der Staat 13 Mrd. Euro pro Jahr bereitstellen. 10 Mrd. Euro müssten dabei vom Bund kommen. Dieser habe für das kommende Jahr allerdings lediglich 3,5 Mrd. Euro für den sozialen Wohnungsbau vorgesehen.

Den Neubau von jährlich 40.000 bezahlbaren Wohnungen müsse der Bund mit 3,5 Mrd. Euro zusätzlich pro Jahr fördern. Die gleiche Summe sei noch einmal für die Bildung von Wohneigentum erforderlich. Hier geht es nach Angaben des Pestel-Instituts konkret um 80.000 Eigentumswohnungen und Häuser, die pro Jahr für Haushalte neu gebaut werden sollten, die dort anschließend selbst einziehen.

„Ein ‚Konjunkturprogramm Wohnen‘ wäre ein entscheidender Beitrag, um in der aktuellen Krise der Wirtschaft in Deutschland neuen Schwung zu geben. Außerdem würde es gelingen, einen drohenden massiven Arbeitsplatzabbau abzuwenden. Und vor allem wäre eine Neubau-Offensive die effektivste Maßnahme gegen die dramatische Wohnungsnot in Deutschland“, sagt der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther.

Dramatisch sei zudem der Rückgang beim Neubau von Wohnungen. Das Pestel-Institut warnt: „Mit dem Wohnungsbau geht es rapide bergab. Seit zwei Jahren ist der Neubau im Sinkflug. Und aktuell erleben wir den Beginn eines Absturzes“, so Günther. Die Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser hätten den tiefsten Stand seit mehr als zwanzig Jahren. Im mehrgeschossigen Wohnungsbau – also bei den Miethäusern – seien im ersten Halbjahr lediglich 57.300 Wohnungen genehmigt worden – 42 % weniger als noch in der ersten Jahreshälfte 2022.

Dem Bau drohe eine Pleitewelle: Die Insolvenzen im Baugewerbe sind, so das Pestel-Institut, in den ersten fünf Monaten dieses Jahres bereits um 58 % gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2021 angestiegen. Insgesamt hätten bis Mai dieses Jahres 1.157 Unternehmen des Baugewerbes Konkurs angemeldet. „Es kommt jetzt darauf an, gegenzusteuern“, sagt Pestel-Institutsleiter Matthias Günther. 

Deutlich wird auch die Bau-Gewerkschaft: „Der Wohnungsbau ist auf der Rutschbahn. Ein ‚Konjunkturprogramm Wohnen‘ ist die Notbremse, die jetzt gezogen werden muss“, sagt IG BAU-Chef Robert Feiger. Es gehe mittlerweile darum, die „in zehn Jahren aufgebaute Wohnungsbau-Kapazität nicht zu verlieren“. Der Bau habe in den letzten Monaten versucht, seine Leute zu halten. „Aber uns drohen weitere Entlassungen“, sagt Robert Feiger.

Wer auf dem Bau gearbeitet habe, finde in der Regel schnell wieder eine Beschäftigung – ohne dann bei Wind und Wetter draußen arbeiten zu müssen. Der IG BAU-Chef warnt: „Wer einmal seinen Job auf dem Bau verliert, der kommt oft nicht wieder zurück. Der Absturz der Baukapazitäten kann rasend schnell gehen. Geht der Bau jetzt in die Knie, dann dauert es aber viele Jahre, bis er wieder auf die Beine kommt und das Niveau erreicht, das er heute hat.“

Es müsse allen in den Parlamenten, Regierungen und Parteien auf Bundes- und Länderebene klar sein: „Noch funktioniert der Wohnungsbau. Aber der Countdown läuft: Wird er jetzt nicht vom Staat intensiv unterstützt, ist der Neubau von Wohnungen, wie wir ihn dringend brauchen, schon bald nicht mehr machbar“, so Feiger.

Der Ruf von IG BAU und Deutschem Mieterbund nach einem „Konjunkturprogramm Wohnen“ ist unüberhörbar. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) müssten „die Zeichen der Zeit erkennen“. Sie seien jetzt am Zug, ein passendes Programm auf die Beine zu stellen. Und auch bei der notwendigen Finanzierung dafür werden Bau-Gewerkschaft und Mieterbund deutlich: Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) solle sich intensiver um das „Steuerhinterziehungsloch im Bundeshaushalt“ kümmern. „Der Staat muss das Hinterziehen von Steuern effektiver verfolgen“, fordert Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten. Immerhin schätze der Bundesrechnungshof den Schaden, der durch Steuerhinterziehung entstehe, auf 30 bis 50 Mrd. Euro pro Jahr. „Genug Geld also, um das Problem der Wohnungsnot effektiv anzupacken“, sagt Siebenkotten.

Außerdem biete der Wohnungsbau einen enormen Vorteil: Die vom Staat in den Wohnungsbau investierten Fördersummen fließen nach Berechnungen des Pestel-Instituts zu einem Großteil über Umsatz-, Lohn-, Einkommens- und Grunderwerbsteuer wieder in die öffentlichen Kassen zurück. Matthias Günther spricht von einer „Selbstfinanzierung der Wohnungsbau-Förderung“: Beim sozialen Wohnungsbau würde etwa die Hälfte der Fördersumme über Steuern zurück in die Staatskasse fließen. Jeder Förder-Euro, mit dem der Staat den bezahlbaren Wohnungsbau unterstütze, lande am Ende zu 100 % wieder in den öffentlichen Kassen. Und bei der Förderung von Wohneigentum mache der Staat sogar ein Plus: „Es fließt mehr Geld über die Finanzämter zurück als der Staat an Förderung investiert“, sagt Günther.

Immerhin leide auch der Staat unter der Wohnungsnot. Steigende Mieten würden ihn zu immer höheren Ausgaben zwingen – nämlich beim Wohngeld und bei der Übernahme der Kosten der Unterkunft. Daraus könne der Staat – und hier vor allem die Bundesregierung – nur eine Konsequenz ziehen: „Der Bund kann nur verlieren, wenn er sich weiterhin gegen ein Konjunkturprogramm für den Wohnungsbau entscheidet“, so Pestel-Institutsleiter Günther.

Deshalb müsse die Bundesregierung „das Ruder jetzt herumreißen und endlich einen effektiven Wohnungsbau-Kurs einschlagen“, fordern IG BAU und Mieterbund. Hierbei dürfe sich der Bundesfinanzminister „nicht länger hinter der Schuldenbremse oder einer vermeintlichen Wackel-Finanzierung beim Bundeshaushalt verstecken“. Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten: „Deutschland braucht ein ‚Konjunkturprogramm Wohnen‘. Und zwar nicht erst in den Wahlprogrammen der Parteien zur nächsten Bundestagswahl, sondern jetzt.“

Es gehe immerhin um ein Grundbedürfnis der Menschen: ums Wohnen. „Außerdem geht es um das Ankurbeln der Konjunktur durch den Wohnungsbau. Und auch um ein Angebot für Fachkräfte aus dem Ausland. Denn die kommen nur, wenn sie bei uns auch wohnen können – und das zu einem vertretbaren Preis. Es fehlen bezahlbare Wohnungen. Und es fehlen Sozialwohnungen. Eigentlich müsste schon der Konjunkturaspekt reichen, um FDP-Chef und Bundesfinanzminister Lindner zu überzeugen, den Wohnungsneubau endlich auch für seine Politik zu entdecken“, so IG BAU-Chef Robert Feiger.

Weitere Artikel:

08. Oktober 2024
Sopro Bauchemie mit neuem GF
Sopro Bauchemie bekommt Verstärkung im Management
Sopro Bauchemie mit neuem GF
Die Sopro Bauchemie GmbH in Wiesbaden hat eine bedeutende Veränderung in ihrem Führungsteam vorgenommen. Zum 1. Oktober 2024 wurde Sebastian Kammerer als weiterer Geschäftsführer der Sopro Bauchemie GmbH bestellt. Sebastian Kammerer leitet damit als dritter Geschäftsführer neben Andreas Wilbrand und Michael Hecker die Geschicke des Unternehmens.
02. Oktober 2024
Schmitz Cargobull investiert in Standort Vreden
Schmitz Cargobull investiert in Standort Vreden
Schmitz Cargobull investiert in Standort Vreden
Der Trailerhersteller Schmitz Cargobull verstärkt sein Engagement am Standort Vreden und wird in den nächsten Jahren mehr als 50 Mio. Euro in den Ausbau der Produktionskapazitäten für Kühlauflieger und Kofferfahrzeuge investieren. Die umfangreichen Maßnahmen zielen darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens weiter zu stärken.
30. September 2024
Auftragseingang Juli
Juli-Auftragseingang: -9,7 % zum Vorjahresmonat
Auftragseingang Juli
Der reale (preisbereinigte) Auftragseingang im Bauhauptgewerbe ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im Juli 2024 gegenüber Juni 2024 kalender- und saisonbereinigt um 5,9 % gesunken. Dabei ging der Auftragseingang im Tiefbau um 0,7 % und im Hochbau um 12,2 % zurück. Im Vergleich zum Vorjahresmonat Juli 2023 nahm der reale, kalenderbereinigte Auftragseingang um 9,7 % ab. Dabei sank der Auftragseingang im Tiefbau um 4,0 % und im Hochbau um 15,9 %. Der nominale (nicht preisbereinigte) Auftragseingang im Bauhauptgewerbe lag 5,0 % unter dem Vorjahresniveau.
30. September 2024
VW Nutzfahrzeuge
VW Nutzfahrzeuge verlängert Garantie
VW Nutzfahrzeuge
Volkswagen Nutzfahrzeuge (VWN) erweitert die Herstellergarantie in Deutschland von bisher zwei auf fünf Jahre. Alle Modelle von VWN – vom Caddy über den ID. Buzz, den Multivan, den Amarok, den neuen Transporter bis zum Crafter und alle California-Modelle - mit Auftragseingang ab dem 1. Oktober 2024 erhalten die 5 Jahre Herstellergarantie. Für die neuesten Modelle, den gerade vorgestellten New Transporter und den New California, gilt die 5-jährige Garantie auch für die bereits im Vorverkauf bestellten Fahrzeuge.
24. September 2024
Neue Studie zum Bausektor
Neue Studie zum Bausektor
Neue Studie zum Bausektor
Obwohl die Lieferkrise der vergangenen zwei Jahre überwunden scheint und auch die Inflation weniger stark steigt, steigen die Baupreise weiter und belasten die Baukonjunktur. Und auch wenn bereits im nächsten Jahr genehmigungsseitig wieder mehr Bauaktivität zu erwarten ist, verzögert sich die entlastende Wirkung auf den Wohnungsmarkt weiter in die Zukunft. Diese Prognose wird in der BauInfoConsult Jahresanalyse 2024/2025 aufgezeigt, der neuen Marktstudie zum Bausektor.
23. September 2024
Peri übernimmt Syfit
Peri erwirbt Mehrheit an Syfit
Peri übernimmt Syfit
Mit Wirkung zum 01. Juni 2024 hat Peri eine Mehrheitsbeteiligung an der Syfit GmbH mit Sitz in Aalen erworben. Syfit wurde 2017 als eigenständige Firma aus der RUD-Gruppe (Aalen/Oberkochen) ausgegliedert und hat aktuell 16 Mitarbeiter. Auch nach der Übernahme von Peri bleibt die RUD-Gruppe strategischer Mitgesellschafter. Syfit bietet digitale Lösungen auf Basis von Materialidentifikation und -ortung für eine Vielzahl von Anwendungsbereichen an. Das Unternehmen wird unter bisheriger Leitung, Marke und Firmierung fortgeführt.
23. September 2024
Jubiläum Zeppelin Rental
Zeppelin Rental feiert 20-jähriges Bestehen
Jubiläum Zeppelin Rental
Als führender baunaher Dienstleister bietet Zeppelin Rental seinen Kunden für jede Bauphase die passende Lösung – von Maschinen- und Gerätevermietung über temporäre Infrastruktur bis hin zu komplexen Baulogistiklösungen. In den letzten 20 Jahren schaffte es Zeppelin Rental so, sein Portfolio kontinuierlich auszubauen und den wandelnden Bedürfnissen seiner Kunden gerecht zu werden. Um diese Erfolgsgeschichte zu feiern, kamen anlässlich des Jubiläums erstmalig alle Mitarbeiter in Hamburg zusammen.
19. September 2024
Baugenehmigungen Juli 2024
Baugenehmigungen: -19,2 % zum Vorjahresmonat
Baugenehmigungen Juli 2024
Im Juli 2024 wurde in Deutschland der Bau von 17.000 Wohnungen genehmigt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren das 19,2 % oder 4.000 Baugenehmigungen weniger als im Juli 2023. Im Vergleich zum Juli 2022 sank die Zahl der Baugenehmigungen um 44,6 % oder 13.700 Wohnungen. Im Zeitraum von Januar bis Juli 2024 wurden 123.600 Wohnungen genehmigt. Das waren 20,8 % oder 32.500 Wohnungen weniger als im Vorjahreszeitraum. In diesen Ergebnissen sind sowohl Baugenehmigungen für Wohnungen in neuen Wohn- und Nichtwohngebäuden als auch für neue Wohnungen in bestehenden Gebäuden enthalten.
16. September 2024
Vielfalt
Vielfalt als Erfolgsfaktor für die deutsche Wirtschaft
Vielfalt
Unter dem Motto „Made in Germany – Made by Vielfalt" sprechen sich mehr als 40 deutsche Familienunternehmen für mehr Toleranz und Offenheit in der Gesellschaft aus. Gemeinsam zeigt man, dass Vielfalt aus Sicht der Wirtschaft ein Erfolgsfaktor ist. Hansa-Flex ist – wie schon 2019 – erneut Teil dieser Kampagne.