Energie ist teuer, Rohstoffe werden knapper – und was nach dem Rückbau eines Gebäudes übrig bleibt, landet noch immer viel zu häufig auf der Deponie. Vor dem Hintergrund von Klimakrise, Ressourcenschonung und dem Wandel hin zur Kreislaufwirtschaft rücken daher Rezyklatanteile in Baustoffen zunehmend in den Fokus. So lassen sich heute bei der Betonherstellung – je nach Expositionsklasse und Betontyp – bereits bis zu 45 % der natürlichen Gesteinskörnung durch rezyklierte Materialien ersetzen. Auch in der Asphaltproduktion kommen Altasphalt und in der Gipskartonplattenfertigung Recyclinggips zum Einsatz. Besonders sticht Stahl hervor: Mit seinem hohen Anteil an Sekundärrohstoffen ist er ein Paradebeispiel für zirkuläres Wirtschaften.
Es gibt viele gute Gründe, warum das Bauwesen den Fokus stärker auf Wiederverwendung legen sollte. Bauabfälle stellen nach wie vor die größte Abfallfraktion in Europa dar. Ein stärkeres Engagement im Recyclingbereich könnte nicht nur das Deponievolumen deutlich verringern, sondern auch ökologische und wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen: Rezyklate benötigen in der Regel weniger Energie bei der Herstellung als Primärmaterialien – und je nach Verfügbarkeit können sie auch kostengünstiger sein, was sich letztlich positiv auf die Baukosten auswirkt.
In der Praxis allerdings ist die Akzeptanz von Recycling-Baustoffen bei Bauherren und Planern bislang eher verhalten. Häufig bestehen Vorbehalte hinsichtlich der Qualität, die als minderwertig eingeschätzt wird. Hinzu kommt: Noch sind nicht alle Rezyklatprodukte normativ vollständig geregelt – auch weil gleichbleibende Materialeigenschaften technisch anspruchsvoll sind. Zudem fehlt es mancherorts an geeigneter regionaler Logistik und Aufbereitungsinfrastruktur, die jedoch Voraussetzung für eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung recycelter Materialien in der Baustoffproduktion ist.
Damit Recycling-Baustoffe „hoffähig“ werden, braucht es das aktive Engagement von Herstellern und Bauakteuren. Ein Beispiel dafür liefert ein kürzlich abgeschlossenes Pilotprojekt: Gemeinsam mit der Wohnungsbaugesellschaft ABG Frankfurt Holding und dem WDVS-Hersteller Sto hat BASF erstmals eine Dämmplatte auf Basis von expandierbarem Polystyrol (EPS) mit Rezyklatanteil erfolgreich in der Praxis eingesetzt. Die ressourcenschonende Fassadendämmung kam bei der energetischen Sanierung eines Bestandsgebäudes mit 52 Wohneinheiten in Frankfurt am Main zum Einsatz. Technische Prüfungen belegten, dass die neue Platte die gleichen Qualitätsstandards erfüllt wie marktübliche EPS-Produkte. Auch in der Verarbeitung zeigte sich für die Handwerker kein Unterschied zu herkömmlichen Materialien.
Herzstück der Entwicklung ist der von BASF produzierte Rohstoff Neopor F 5 Mcycled – ein graphithaltiges, expandierbares Polystyrolgranulat mit einem Rezyklatanteil von 10 %. Das Rezyklat stammt aus mechanisch aufbereiteten EPS-Abfällen. Künftig will BASF den Recyclinganteil weiter steigern und zusätzliche Rezyklatströme wie EPS-Schnittreste von Baustellen in die Produktion integrieren.
(Autor: Paul Deder)
