Dass die Skandinavier weltweit als Vorreiter beim Ausbau der E-Mobilität gelten, ist bekannt. Doch auch bei der Elektrifizierung der Baustellen setzen sie Maßstäbe. Bereits 2019 hat sich Volvo CE dazu entschlossen, die Entwicklung neuer Dieselmotoren für Minibagger und kompakte Radlader einzustellen. Im Einklang mit seiner Konzernstrategie zur Elektromobilität erweitert der schwedische Baumaschinenhersteller Jahr für Jahr sein Sortiment an elektrisch betriebenen Maschinen. Im Rahmen der Kundenveranstaltung „Volvo Days 2024“ in Eskilstuna, Schweden, hat das Unternehmen nun neben einigen Neuheiten bei konventioneller Technik auch Neuzugänge in seinem batterieelektrischen Portfolio vorgestellt.
Seit Jahren macht Volvo CE deutlich, dass das Unternehmen eine führende Rolle in der Elektrifizierung der Baustellen übernehmen will. Bei ihrem ambitionierten Vorstoß geht es den Schweden nicht darum, marketingwirksame Impulse zu setzen. Vielmehr ist das Volvo-Management überzeugt, durch nachhaltige Lösungen den Kundenerfolg proaktiv unterstützen zu können. „Die von uns entwickelte Technologie ist ausgereift und robust“, begründete Melker Jernberg, Präsident des Unternehmens, den damaligen rigorosen Schritt bei der Produkttransformation. Vor dem Hintergrund eines veränderten Kundenverhaltens und stetig verschärfter Umweltrichtlinien sah der Manager den richtigen Zeitpunkt für die Konzentration auf die Elektromobilität gekommen. Fünf Jahre später wird die Entscheidung für die Elektro-Offensive bei Volvo CE nicht bereut, auch wenn die Elektrifizierung der Maschinenflotten bei Kunden langsamer vorankommt als erhofft.
Im Gegenteil: Dank einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens bis weit ins Jahr 2023 wurde kräftig in die Zukunft investiert – sowohl in die eigene Entwicklung als auch in Partnerschaften mit Fremdanbietern und Zulieferern. „Die Welt verändert sich“, sagt Jernberg auf der Pressekonferenz im Kundencenter in Eskilstuna, „und wir verändern uns mit.“ Politische Entscheidungen sind zunehmend auf den Klimaschutz ausgerichtet, und die ökologischen, ökonomischen und rechtlichen Treiber beflügeln technologische Weiterentwicklungen und zwingen sowohl Unternehmen als auch Privatleute zum Umdenken. „Für die bevorstehenden Transformationsprozesse wollen wir bereit sein.“
Ausgereifte Technik
Wie bereit Volvo CE schon vor der Präsentation der neuesten Produkte war, zeigt ein Blick in sein aktuelles batterieelektrisches Sortiment. Auf neun Maschinen ist dieser Bereich angewachsen. Darunter finden sich neben kompakten Baggern und Ladern auch große Kaliber wie der 23-Tonnen-Raupenbagger EC230 Electric, der dank einer leistungsstarken 264-kWh-Batterie bis zu fünf Stunden ohne Nachladen arbeiten kann.
Mit der ebenfalls bereits erhältlichen PU40 Volvo Power Unit als mobilem Stromaggregat für die Baustelle unterstreicht Volvo seinen systemischen Ansatz beim Thema Elektromobilität. Besteht kein Zugang zum Stromnetz, können Kunden das Gerät wie eine Powerbank für Smartphones nutzen und damit Maschinen und andere Geräte auf der Baustelle mit Strom versorgen.
„Uns geht es nicht nur um neue Maschinen auf dem Markt“, erklärt Fredrik Tjernström, Verkaufsleiter Electromobility Solutions. „Der Schlüssel zum Erfolg ist die funktionierende Logistik auf der Baustelle, daher widmen wir uns auch der Ladeinfrastruktur unserer Kunden.“ Dass sich die E-Maschinen trotz eines höheren Anschaffungspreises rechnen, davon ist der Präsident von Volvo CE überzeugt. „Ein ständiges Hoch und Runter, permanente Starts und Stopps sind die Realität auf den Baustellen. Diesel arbeitet bei solchen Bedingungen nicht effizient genug.“ Zudem seien laut Jernberg die Laufzeiten der Maschinen bei aufgeladener Batterie ausreichend, um produktiv arbeiten zu können. „Die meisten unserer Kunden müssen ihre Maschinen während des Arbeitstages nicht nachladen. Die wenigen, die das brauchen, können dies durch vernünftige Planung und ohne große Nachteile bewerkstelligen.“ Bereits die Pausen zwischen den Einsätzen lassen sich dafür gut nutzen.
Zurückhaltung der Kunden nimmt ab
Dennoch lässt die Akzeptanz der Technologie im Moment noch zu wünschen übrig. Angesichts des gesetzten Ziels der Volvo- Gruppe, bis 2030 mindestens 35 % des Fahrzeugabsatzes mit Elektrofahrzeugen abzudecken, sind die in den letzten zwölf Monaten verkauften 800 E-Baumaschinen und ein Anteil von 1,5 % am Gesamtabsatz ein Tropfen auf den heißen Stein. „Die Schwierigkeit besteht darin, Kunden zu einem Wechsel zu bewegen. Haben sie sich einmal überzeugen lassen, dann wollen sie nicht mehr zurück zur traditionellen Arbeitsweise“, sagt Jernberg. Auch Carl Slotte, Europa-Verkaufschef, ist der Meinung, dass Kunden auf Tuchfühlung mit der Technik gehen müssen: „Wir müssen ihnen zeigen, dass E-Maschinen in der Praxis funktionieren. Die Vorurteile sind groß, daher müssen wir sie diese Technik testen lassen!“ Zudem sollte den Anwendern verdeutlicht werden, wie die tatsächlichen Kosten der Maschinen sind – unter Berücksichtigung ihrer kompletten Lebenszeit.
Trotz des großen Engagements im Bereich der Elektromobilität arbeitet Volvo CE auch an anderen CO2-neutralen Antrieben wie Brennstoffzellen und Wasserstofflösungen. Bei herkömmlichen Maschinen setzt das Unternehmen auf den erneuerbaren Kraftstoff HVO100, der die CO2-Emissionen im Vergleich zu Diesel erheblich reduziert. „Es wird nicht die eine Lösung für die Baumaschinentechnik geben. Die Wahl des passenden Antriebs wird immer von der Anwendung der Maschine abhängig sein“, unterstreicht Slotte.
Zahlreiche Neuheiten vorgestellt
Bei den diesjährigen Volvo Days wurde auch deutlich, dass der Hersteller Akzente auf ganzheitliche Lösungen setzt – weg von isolierten Produkten hin zu Gesamtpaketen, die auf die Bedürfnisse der Kunden maßgeschneidert werden, unabhängig von ihrem Stand der Dekarbonisierung. Neuheiten gab es aus diesem Grund auch bei konventionell angetriebenen Maschinen zu sehen. Überhaupt wird das wirtschaftlich herausfordernde Jahr 2024 für Volvo CE als eines mit den meisten Produktneuheiten in die Firmengeschichte eingehen. So viele neue Maschinen quer durch das Sortiment hat es bei den Schweden noch nie gegeben.
Da der Bereich der Hydraulikbagger bei Volvo CE in den letzten Jahren die größten Zuwächse verzeichnete, kommt eine Runderneuerung der Bagger-Baureihen genau richtig. Als erste Modelle werden die Raupenbagger EC500, EC400 und EC230 eingeführt. Bei der Entwicklung der neuen Generation stand der Fahrer im Mittelpunkt. Die neue Fahrerumgebung bietet nun noch mehr Platz und Komfort, unter anderem mit einer Kühlbox sowie USB- und Bluetooth- Anschlüssen. Eine optimierte Abdichtung sorgt dafür, dass weniger Staub in die Kabine gelangt, während Verbesserungen an Belüftung, Heizung und Klimaanlage für eine bessere Luftzirkulation und ein geringeres Ermüdungsrisiko sorgen. Die intelligente Technologie hinter dem neuen elektrohydraulischen System ermöglicht es, dass Sensoren die Bewegungen des Fahrers erfassen und Signale zur Steuerung des verbesserten Hauptsteuerventils senden. Das Ergebnis ist eine sanfte und präzise Bewegung des Baggerauslegers, des Löffels und anderer Anbaugeräte. Zu den weiteren effizienzsteigernden Merkmalen zählen ein intelligentes Kühlsystem, eine Motordrehzahlregelung und eine Optimierung der Hydraulikpumpe, um den Energieverbrauch weiter zu minimieren, sowie eine Auto Power Boost-Funktion, die eine automatische Einstellung des Systemdrucks gewährleistet.
Mit der Option, Tiefe, Höhe und Schwenkbereich des Auslegers zu begrenzen, kann der Fahrer seine Aufgaben unter Einhaltung der höchsten Sicherheitsstandards ausführen. Ober- und unterirdische Gefahrenquellen wie Stromleitungen, Rohre und Kabel, Mauern oder Absperrungen lassen sich entschärfen und vor allem auch die Gefährdung von Menschen im Arbeitsbereich minimieren. Volvo Smart View mit Hindernisklassifizierung bietet dem Fahrer mit Kamera- und neuem Radarsystem nicht nur eine 360-Grad-Sicht auf die Umgebung der Maschine, sondern noch mehr: Dank Deep-Learning-Technologie warnt das System den Fahrer, wenn Objekte oder Menschen in der Nähe oder auch im weiteren Umfeld erkannt werden. Die hochmoderne Funktionalität der neuen Bagger- Generation lässt sich mit dem umfassenden Angebot intelligenter Lösungen von Volvo CE zusätzlich erweitern. Systeme wie Volvo Active Control, On-Board Weighing und Dig Assist 2D und 3D ermöglichen eine optimale Maschinenführung und -steuerung.
Zwei neue starre Muldenkipper
Für die Steinbruch- und Bergbaukunden kündigt Volvo CE mit den Modellen R60 (55 t Nutzlast) und R70 (65 t Nutzlast) zwei neue Transportoptionen an. Auf den Starrahmen-Muldenkipper R100 mit 95 t Nutzlast folgen die Modelle R60 und R70 mit 55 bzw. 65 t Nutzlast. Die neuen Maschinen verfügen über eine V-förmige Mulde (Volumen: 36 bzw. 42,4 m³), die die Ladung einerseits optimal hält und andererseits beim Abkippen maximal entleert. Ein Schnellkippsystems sorgt außerdem für schnelle Entladungen. Ein optionales On- Board-Wiegesystem liefert Echtzeitinformationen über die Nutzlast und hilft den Fahrern bei der Anwendung der branchenüblichen 10/10/20-Nutzlastrichtlinie. Die hohe Antriebsachsübersetzung sorgt für hohe Traktion, während der drehmoment- starke Motor durch die automatische, adaptive Gangwahl der Volvo Dynamic Shift Control bei der Senkung des Kraftstoffver- brauchs unterstützt wird. Integriert ist auch der wählbare Eco Shift Mode, der bei leichteren Arbeiten das effizienteste Schaltmuster vorgibt, während die automatische Leerlaufabschaltung den Motorverschleiß reduziert.
Für Fahrkomfort und Sicherheit sorgen die hydraulisch betätigten, nassen Lamellenbremsen und der zuschaltbare Getriebe-Retarder. Das Getriebe verfügt außerdem über einen Überdrehzahlschutz und eine Leerlaufsperre für Bergabfahrten. Um nach dem Entladen ein Umkippen zu verhindern, bleibt ein Geschwindigkeitsbegrenzer von 10 km/h aktiv, bis die Mulde wieder abgesenkt ist. Für gute Sicht nach außen sorgen eine große Windschutzscheibe, das niedrig angeordnete Armaturenbrett und die zusätzliche 360-Grad-Option Volvo Smart View.
Angebot an E-Maschinen erweitert
In einem weiteren Schritt hin zu einer nachhaltigeren Bauindustrie kündigt Volvo CE drei neue elektrische Baumaschinen an. Darunter der 15 t schwere elektrische Kurzheck-Mobilbagger EWR150 Electric, der vielseitig im Baugewerbe, im Straßenbau, bei der Installation von Versorgungseinrichtungen und im Landschaftsbau eingesetzt werden kann. Seine Batterien sind mit einem Thermomanagementsystem ausgestattet, das sicherstellt, dass sie die optimale Temperatur für eine lange Lebensdauer halten. Funktionen zur Energierückgewinnung, wie z. B. elektrisches Fahren, sorgen dafür, dass der Bagger einen ganzen Tag lang mit nur einer Ladung arbeiten kann. Mit integriertem Bordladegerät lässt sich der EWR150 Electric über Nacht aufladen, mit optionalen Schnellladegeräten ist er sogar in etwa einer Stunde auf 100 % gebracht.
Im Vergleich zu seinem dieselbetriebenen Pendant besitzt der EWR150 Electric ein verbessertes Fahrerhaus. Außerdem bietet er mehr Leistung und Vielseitigkeit mit zusätzlicher Reichweite, Hubkapazität und einem reduzierten vorderen Schwenkradius. Die Maschine wird ab Mitte 2025 für ausgewählte Kunden in Deutschland, Frankreich, Schweden, Norwegen und den Niederlanden erhältlich sein.
Details zu den ebenfalls erstmals vorgestellten und ab dem 3. Quartal 2024 verfügbaren elektrischen Radladern L 90 Electric und L120 Electric finden Sie auf der Seite 16 der Ausgabe 7/8 2024, innerhalb des Radlader-Technikbeitrags „König der Bau- stellen-Lastentransporte“.
bpz meint: Volvos Sortiment an batterieelektrischen Baggern und Radladern wächst stetig. Dabei hat der Hersteller inzwischen E-Maschinen entwickelt, die deutlich über den Kompaktmaschinenbereich hinausgehen. Das schwedische Unternehmen versteht jedoch auch, dass der Zugang zu Ladestationen eine der größten Herausforderungen beim Übergang zur Elektromobilität darstellt, und bietet dafür marktfähige Lösungen in Form von mobilen Energiespeichern an. Trotz des großen Engagements für elektrische Ökosysteme möchte Volvo CE technologieoffen bleiben und optimiert sein dieselbetriebenes Angebot weiter, um unterschiedliche Kundenbedürfnisse zu erfüllen.
Weitere Produkte des Herstellers Volvo Construction Equipment Germany GmbH:
Volvo Construction Equipment hat ein neues Sortiment von Baggerlöffeln mit aggressivem Schnitt speziell für Kompaktbagger für Skandinavien und die Schweiz auf den Markt gebracht. Diese Löffel sind für die Steigerung der Produktivität und Leistung ausgelegt – vor allem in Kombination mit einem Steelwrist Symmetrischen Schnellwechsler und einem Steelwrist Tiltrotator.
Mit ihrem äußerst effizienten Motor gemäß Stufe IV/Tier 4 final und dem einzigartigen TP-Hubgerüst von Volvo bieten die neuen Radlader L60H, L70H und L90H von Volvo Construction Equipment hervorragende Kraftstoffeffizienz bei maximaler Leistung.
Weitere Produkte aus der Kategorie Große Erdbaumaschinen:
