Die deutsche Wirtschaft ist gemessen am Bruttoinlandsprodukt die größte Volkswirtschaft Europas und die drittgrößte der Welt. Auch bei Standortqualität und internationaler Wettbewerbsfähigkeit rangieren wir unter den Top Ten. Noch. Denn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – kombiniert mit der erschreckenden Einfallslosigkeit der politischen Führung, wirksame Werkzeuge zu entwickeln, um den in der Krise festgefahrenen Karren aus dem Dreck zu ziehen – sorgen dafür, dass die Fähigkeit unserer Unternehmen spürbar erodiert, sich im globalen Wettbewerb zu behaupten.
Und wir haben es nicht mit einer „normalen“ Rezession zu tun, wie sie selbst die stärksten Volkswirtschaften von Zeit zu Zeit ereilt. Seit den 1950er-Jahren gab es in Deutschland gerade einmal acht Rezessionen – und die dauerten im Schnitt weniger als ein Jahr. Die aktuelle Schwächephase jedoch ist gekommen, um zu bleiben: 2025 wird voraussichtlich das dritte Jahr in Folge mit schrumpfender Wirtschaftsleistung. Das ist kein zyklisches Auf und Ab mehr, sondern eine ausgewachsene Strukturkrise. Das wirtschaftspolitische Waffenarsenal – Zinssenkungen, Unterstützungsleistungen, Investitionsprogramme – zündet nicht. Das Fundament einer exportorientierten Industrienation, bestehend aus Produktlösungen, Prozessen und Geschäftsmodellen, weist tiefe Risse auf. Und das nicht erst seit den wachstumsbremsenden Zinserhöhungen von 2022 zur Inflationsbekämpfung oder den explodierenden Energiepreisen, die energieintensive Branchen massiv unter Druck gesetzt haben. Aufstrebende Schwellenländer wie China haben ihre Aufholjagd mit deutscher Technologie weitgehend abgeschlossen und produzieren selbst auf hohem Niveau. Damit kommt zur kurzfristigen Nachfrageschwäche auch ein langfristiger Rückgang beim jährlichen Zuwachs an Produktionskapazitäten der deutschen Industrie. Die Unsicherheiten durch den neuen Protektionismus der USA verschärfen die Lage zusätzlich.
Die Prognosen, wonach sich die Wirtschaft 2026 – dank Maßnahmen wie der Aufhebung der Schuldenbremse – allmählich erholen soll, sind mit Vorsicht zu genießen. Ein konjunktureller Strohfeuer-Effekt wird die strukturellen Probleme nicht beseitigen. Hohe Material- und Energiekosten, eine ungünstige Zinssituation, enorme Steuerlasten und kräftige Lohnabschlüsse pressen die Margen, vor allem im Mittelstand, immer weiter zusammen. Nur wenigen Betrieben gelingt es, diese Mehrkosten an Kunden weiterzugeben.
Die viel beschworene Aufhellung der Geschäftslage ist jedoch für all jene Firmen wertlos, die heute reihenweise Insolvenz anmelden – und das sind nicht wenige. 2024 schnellte die Zahl der Firmenpleiten laut Statistischem Bundesamt um 16,8 % nach oben. Die Baubranche? Ganz vorne mit dabei unter den Leidtragenden. Natürlich hat das Baugewerbe seine eigenen Baustellen: miese Produktivität, lähmende Bürokratie, chronischer Fachkräftemangel. Aber der Neubaubedarf ist da. Was fehlt, sind mutige, wirksame Maßnahmen, um die Branche aus dem Stillstand zu holen. Sobald Projekte für Bauunternehmer wieder wirtschaftlich machbar und für Bauwillige bezahlbar sind, wird sich der Markt stabilisieren. Aber machen wir uns nichts vor: Wenn das zu lange dauert, gibt es nach der Marktbereinigung schlicht nicht mehr genug solvente Player, um den dringend nötigen Bau-Boom überhaupt noch stemmen zu können.
(Autor: Paul Deder)
