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Vertrauensverlust

„Wir verpflichten uns, dem Wohle aller Bürgerinnen und Bürger zu dienen“, stand in der Präambel des Koalitionsvertrags, den die frisch gewählte rot-gelb-grüne Bundesregierung 2021 als ihr Rezept für ein erfolgreiches und modernes Deutschland beschlossen hat. Die Grundlage für die deutsche Politik der kommenden vier Jahre trägt den markigen Titel „Mehr Fortschritt wagen“. Die Ambitionen scheinen daher klar umrissen und fanden zu Beginn der Legislaturperiode auch Zuspruch, denn Fortschritt steht für Verbesserung, Erleichterung und Wohlstand – Aspekte, die sich die pandemiemüde Bevölkerung sehnlichst gewünscht hat.

Der leidenschaftliche Durchmarsch der farbenfrohen Koalition durch die Regentschaft und alle Hoffnungen der Bürger auf Erholung und Stabilität im Land fanden jedoch mit dem Ukraine-Konflikt ein jähes Ende. Das außenpolitische Störfeuer samt Nebeneffekten wie Energiekrise und Inflation machte vielen Zielen der Regierung einen Strich durch die Rechnung. Doch auch unter Berücksichtigung der „Höheren Gewalt“ ist die Performance der selbsternannten Fortschrittskoalition nach fast drei Jahren Amtszeit bescheiden. Das Vertrauen der Bevölkerung in sie ist am Tiefpunkt angelangt.

Das belegt nicht nur die wahrgenommene Stimmung im Land, sondern wird auch durch das letzte Institutionen-Vertrauensranking von Forsa bestätigt. Demnach haben nur 20 % der Bundesbürger Vertrauen in die Arbeit des Kanzlers – ein Verlust von 55 Prozentpunkten gegenüber dem Wert aus dem Jahr 2000. Ein Negativrekord: Noch nie erhielt ein Kanzler so wenig Zustimmung wie Olaf Scholz. Weniger Rückhalt genießt nur noch der Papst als personelle Institution, der sich allerdings aufgrund der Wahl auf Lebenszeit um seinen Ruf weniger sorgen muss. Die Unzufriedenheit des Volkes ist durchaus verständlich angesichts der zahlreichen gebrochenen Wahlversprechen, verwirrenden Beschlüsse und des nicht endenden Zoffs im Kabinett. So stellte sich die im Wahlkampf getroffene Zusage von Scholz zur dauerhaft niedrigen Gastro-Mehrwertsteuer am Ende als heiße Luft heraus. Ende 2023 sorgte auch der plötzliche Förderstopp für Elektroautos für Unmut. Damit sind nicht nur potenzielle Kunden verärgert, sondern auch die Klimaziele der Koalition gefährdet, da die Autobauer nun geplante Prozesse zurücknehmen und wieder verstärkt auf Verbrennungsmotoren setzen müssen, um Gewinne zu erzielen. Der Wortbruch zeigt sich wohl am deutlichsten beim Wohnungsbau: Von den versprochenen 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr wurden letztes Jahr wohl lediglich etwa 250.000 fertiggestellt.

Auch die Arbeitgeber stellen ein schlechtes Zeugnis über die Arbeit der Bundesregierung aus. „Die Unternehmen haben das Vertrauen in die Bundesregierung verloren“, äußerte sich kürzlich der Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. Zu viel Bürokratie, zu wenig Planungssicherheit – die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland müsse wieder in den Mittelpunkt des politischen Handelns rücken, so sein Urteil. „Es tut mir weh zu sehen, wie tief Deutschland in den letzten zwei Jahren gesunken ist!“

Zugegeben – es ist keine Seltenheit, dass eine Regierung zur Halbzeit der Legislaturperiode mit miesen Umfragewerten konfrontiert wird. Die letzte GroKo, die sich heute wohl viele herbeisehnen, war nach zwei Jahren so unbeliebt wie kaum eine Regierung zuvor. Der Unterschied liegt darin, dass diesmal der Unmut über falsche Entscheidungen, fehlendes Augenmaß und Arroganz der Macht zum Aufstieg einer rechtspopulistischen Partei beitrug. Dass in der Spitze jeder Vierte bei der Sonntagsfrage die AfD für wählbar hält, ist ein deutliches Alarmsignal und eine Gefahr für unsere Gesellschaft. Mit Achselzucken und hanseatischer Gelassenheit sind der Rechtsruck und die wirtschaftliche Talfahrt in Deutschland nicht zu stoppen.

(Autor: Paul Deder)

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