Im Jahr 2023 wurde in Deutschland der Bau von 260.100 Wohnungen genehmigt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen mitteilt, waren das 26,6 % oder 94.100 Wohnungen weniger als im Jahr 2022. Niedriger war die Zahl der Baugenehmigungen zuletzt im Jahr 2012 (241.100 Wohnungen). In den Zahlen sind sowohl die Baugenehmigungen für Wohnungen in neuen Gebäuden als auch für neue Wohnungen in bestehenden Gebäuden enthalten. Zum Rückgang der Bauvorhaben im Jahr 2023 dürften unter anderem gestiegene Kosten für Baumaterialien und verschlechterte Finanzierungsbedingungen beigetragen haben.
Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen war in allen Monaten des Jahres 2023 niedriger als im jeweiligen Vorjahresmonat. Mit negativen Veränderungsraten von über 30 % waren die Rückgänge in den Monaten April, Juli und August sowie zuletzt im Dezember 2023 (-35,1 % gegenüber Dezember 2022 auf 21.200 Wohnungen) besonders deutlich. Alle übrigen Monate bis auf Oktober und November 2023 (-10,7 % und -15,4 %) wiesen Rückgänge von über 20 % gegenüber dem jeweiligen Vorjahresmonat auf.
Neubauwohnungen: Deutlich weniger Bauanträge von Privatpersonen
Im Jahr 2023 wurden in neu zu errichtenden Wohngebäuden 214.100 Wohnungen genehmigt. Das waren 29,7 % oder 90.200 Neubauwohnungen weniger als im Vorjahr. Rund 93 % der Bauanträge für Wohnungen in neuen Wohngebäuden werden in Deutschland von Unternehmen und Privatpersonen gestellt. Entsprechend prägen diese beiden Gruppen die Gesamtentwicklung. Auf Unternehmen entfielen 117.700 Baugenehmigungen für Wohnungen und damit 20,3 % oder 30.000 weniger als im Vorjahr. Auf Privatpersonen gingen 81.300 Baugenehmigungen zurück, das waren 42,2 % oder 59.400 weniger als im Jahr zuvor. Die Zahl der Baugenehmigungen, die auf Bauanträge der öffentlichen Hand zurückgehen, sank um 12,1 % (-1.500) auf 11.000 Bauanträge.
Starke Rückgänge bei Ein- und Zweifamilienhäusern
Nach Gebäudearten betrachtet ging im Jahr 2023 die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser (-39,1 % oder -30.500 auf 47.600) und Zweifamilienhäuser (-48,3 % oder -13.400 auf 14.300 Wohnungen) besonders stark zurück. Diese beiden Gebäudearten werden im Allgemeinen von Privatpersonen errichtet. Etwa zwei Drittel der Neubauwohnungen in Deutschland entstehen in Mehrfamilienhäusern, die überwiegend von Unternehmen gebaut werden. Hier sank die Zahl der Baugenehmigungen um 25,1 % oder 47.800 auf 142.600 Wohnungen.
Umbauter Raum bei Fabrik- sowie Bürogebäuden ebenfalls deutlich gesunken
Auch bei Nichtwohngebäuden gingen im Jahr 2023 die neuen Bauvorhaben deutlich zurück. Nichtwohngebäude sind zum Beispiel Fabrikgebäude und Lagerhallen, Büro- und Verwaltungsgebäude oder landwirtschaftliche Betriebsgebäude. Der zentrale Indikator zur Messung der Bauaktivität ist hier der umbaute Raum. Bei den genehmigten Nichtwohngebäuden verringerte sich der umbaute Raum gegenüber 2022 um 15,7 % auf 199,5 Mio. m³. Das war der niedrigste Wert seit 2015 (194,0 Mio m³). Darunter ging der umbaute Raum bei Fabrik- und Werkstattgebäuden um 17,0 %, bei Warenlagern um 16,0 % und bei Handelsgebäuden um 23,3 % zurück.
Mit einem Minus von 20,9 % zum Vorjahr war bei den Büro- und Verwaltungsgebäuden im Jahr 2023 erneut ein starker Rückgang des umbauten Raums auf 18,0 Mio m³ zu beobachten. Im Zeitraum von 2010 bis 2021 war der umbaute Raum bei dieser Gebäudeart von 10,8 Mio auf 27,3 Mio m³ angestiegen. Im Jahr 2022 kam es dann zu einem Einbruch auf 22,8 Mio m³, der sich im Jahr 2023 fortsetzte. Der Rückgang von 34,1 % seit 2021 dürfte unter anderem auf einen verminderten Bedarf an neuen Büro- und Verwaltungsgebäuden aufgrund des verstärkten Arbeitens im Homeoffice seit der Corona-Pandemie zurückzuführen sein.
HDB schlägt Alarm
„Die Dezemberwerte bei den Wohnungsbaugenehmigungen haben unsere Erwartungen leider bestätigt. Bei Neu- und Umbauten wurden nur 21.200 Wohnungen genehmigt, dies war ein weiterer deutlicher Rückgang gegenüber dem Vorjahresmonat um 35,1 %. Das Jahresergebnis 2023 fällt entsprechend negativ aus. Mit 260.100 genehmigten Wohnungen wurde das Ergebnis von 2022 um 26,6 % verfehlt. Dies ist der stärkste Rückgang seit dem Jahr 2007. Ich wiederhole meinen Appell: Bund und Länder müssen endlich eine konsistente Wohnungsbaupolitik auf den Weg bringen. Ohne Förderstopps, ohne Streit um das Wachstumschancengesetz und ohne Genehmigungswirrwarr. Andernfalls müssen sie sich der Kritik aussetzen, dass sie die Wohnungsnot nicht ernst nehmen", fordert der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie Tim-Oliver Müller.
Trotz der dramatischen Entwicklung und der Appelle der Verbände und Bauakteure sieht die Bundesregierung keinen Grund für Panik. „Die rückläufigen Genehmigungszahlen im vergangenen Jahr sind insbesondere Ausdruck der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die seit dem Jahr 2022 vorliegen. Die schnell und stark gestiegene Zinsen, hohe Baukosten und eine schwache Dynamik bei den verfügbaren Einkommen haben das Umfeld für Investitionen eingetrübt. Der genaue Blick auf den Jahresverlauf 2023 verrät jedoch, dass sich bei den Baugenehmigungen seit dem Spätsommer zunehmend Bodenbildung abzeichnet. Der schwache Dezemberwert darf dabei nicht überbewertet werden, da er traditionell stark durch Nachmeldungen, Krankenstand und Witterungseinflüsse verzerrt sein kann. Schwarzmalerei ist fehl am Platz. Insgesamt stabilisieren die Förderprogramme und Maßnahmen des BMWSB, der weiter hohe Bauüberhang, die robusteren Auftragseingänge und ein stabileres Finanzumfeld die künftige Bautätigkeit", erklärt Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.