ANDREAS STIHL AG & Co. KG
Anschrift:
Badstr. 115
71336 Waiblingen - Neustadt
Deutschland
Seit Jahren kennt die Umsatzentwicklung bei der Stihl Gruppe nur eine Richtung – weiter ins Plus. Auch in den ersten beiden Pandemie-Jahren wuchs das Waiblinger Familienunternehmen im zweistelligen Prozentbereich, während das Auftragsvolumen im deutschen Maschinenbau flächendeckend einbrach. Nach dem Absatz- und Produktionsrekord in 2021 gilt es nun, das Krisenjahr 2022 zu meistern – trotz dauerhaft angespannter Liefersituation und herausfordernder geopolitischer Lage. Heribert Benteler, Geschäftsführer der Stihl Vertriebszentrale in Dieburg sprach mit der bpz über die Absatzprognosen im laufenden Jahr, die Liefersituation bei Stihl, die Zukunftsfähigkeit von Verbrennungstechnologien und stellte die neuesten Produktentwicklungen des Unternehmens vor.
bpz: Herr Benteler, die Stihl-Gruppe erzielte im Geschäftsjahr 2021 einen Rekordumsatz. Auch im deutschen Markt, den Sie verantworten, gab es deutliche Umsatz- und Absatzsteigerungen. Setzt sich die Umsatzrallye in 2022 fort?
Benteler: Im Prinzip hat sich an der Umsatzsituation im Vergleich zu 2021 nichts geändert. Wir werden sicherlich mehr Umsatz als im Vorjahr machen – und das nicht nur aufgrund der Preisanpassungen, sondern vor allem weil die Nachfrage nach unseren Produkten weiter gestiegen ist. Denn: Vor dem Beginn der Trockenheit im Juli hatten wir ein ganz normales Jahr.
bpz: Und das trotz der Ukraine-Krise und der grassierenden Rekordinflation?
Benteler: Damit ging es ja erst im März so richtig los. Wir hatten von 2021 auf 2022 etwas höhere Preissteigerungen als in ‚normalen‘ Zeiten – die aktuellen beispiellosen Inflationsraten waren da natürlich noch nicht berücksichtigt. Nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine haben wir uns neu sortiert und mussten eine zweite Preisrunde einläuten, die allerdings nur die neuen Aufträge betraf. Daher wird diese außerordentliche Preiserhöhung nur einen minimalen Effekt auf den Gesamtumsatz 2022 haben.
bpz: Den positiven Geschäftsverlauf haben Sie beim letzten Gespräch u. a. auch mit dem Trend der privaten Verbraucher begründet, mehr Zeit in den eigenen Garten zu investieren. In diesem Jahr wurden wir von Lockdown-Phasen verschont. Gab es trotzdem einen Run auf die Gartengeräte?
Benteler:Dieser ‚My home is my castle‘-Effekt hat nicht nur Privatverkäufe angekurbelt. Die Verbraucher haben für die Gestaltung ihrer Gärten auch Profis engagiert, die sich wiederum mit entsprechendem Equipment eingedeckt haben. Inwieweit sich die
allgemeine Konsum-Zurückhaltung und mögliche Kostensenkungsmaßnahmen in Unternehmen auch auf unser Geschäft ausweiten, ist momentan noch nicht absehbar. Uns beruhigt aber die Tatsache, dass in der Krise die Marke gewinnt: Wer in schwierigen Zeiten Kaufentscheidungen für hochpreisige Produkte fällt, tut das wohlüberlegt. Tendenziell wird dann zu starken Marken und Produkten mit Qualität gegriffen.
bpz: Welche Auswirkungen auf das Geschäft hatte der heiße und trockene Sommer?
Benteler: Dieser war nicht nur für die Natur eine Belastung. Die klimatischen Auswirkungen haben auch uns getroffen – im zweiten Halbjahr ist das Geschäft zurückgegangen. Unsere Fachhandelspartner hatten sich jedoch bereits im Frühjahr mit Ware eingedeckt. Von einer Krise für den Handel kann also bis dato keine Rede sein. Wichtiger ist für unsere Kunden ein nasser Winter, damit sie eine gute Frühjahrssaison haben.
bpz: Die Lieferengpässe gibt es ja nicht erst seit März 2022. Wie konnte der Handel im Frühjahr seine Lager füllen?
Benteler: Auch wenn der Händler evtl. nicht die erwünschte Ware bieten konnte – verkauft wurde trotzdem. War z. B. ein Akku-Rasenmäher nicht verfügbar, dann entschied sich der Kunde eben für ein Benzin-Modell. Die Käufer waren an dieser Stelle nicht wählerisch. Zudem haben sich zahlreiche Händler bei fehlenden Lagerbeständen untereinander unterstützt.
bpz: Wieviel Zuversicht herrscht für das Geschäftsjahr 2023?
Benteler: Inflationseffekte, hohe Energie- und Rohstoffpreise, anhal-
tende Lieferkettenprobleme: Viele Probleme aus den Vorjahren bleiben bestehen, andere Parameter verändern sich ständig. In Summe macht all das die Planung für 2023 schwieriger. Doch ich bin guter Dinge, dass wir von unserer starken Marke profitieren werden.
bpz: Zu Beginn der Pandemie hat Stihl den Schritt in den E-Commerce gewagt. Wie hat sich der Online-Shop entwickelt?
Benteler: Die Entwicklung unseres Online-Umsatzes ist direkt abhängig von der Verfügbarkeit der Ware. Und diese war und ist durch die Erschwernisse der letzten zwei Jahre eingeschränkt. Trotz der erst etwas schleppenden Entwicklung nach dem Start des Online-Shops sind wir Stand heute jedoch sehr nah an dem angelangt, was wir einst geplant haben. Unabhängig davon haben wir beim gesamten Thema ‚E-Commerce‘ eine steile Lernkurve durchgemacht, sodass nun alles in geregelten Bahnen läuft.
bpz: Die verhängten Corona-Einschränkungen haben dem E-Commerce anfangs Auftrieb verliehen. Im Konsumbereich sinken nun die Umsätze im Onlinehandel, das Bestellvolumen nimmt ab. Ist auch bei Stihl kein grundsätzlicher Paradigmenwechsel zu beobachten?
Benteler: Der E-Commerce-Hype – getrieben durch die Furcht vor Ansteckung – hat sich meiner Meinung nach inzwischen relativiert. Trotzdem sind auch beim servicegebenden Fachhandel in der Pandemiezeit maßgebliche Erkenntnisse entstanden. Es gibt stationäre Händler, die auf ihrer Webseite eine Warenkorb-Funktion eingerichtet haben, um auch Online-Transaktionen ermöglichen zu können.
Die nächsten betreiben nun einen Online-Shop als Ergänzung zu ihrem regulären Geschäftsmodell. Andere wiederum eröffnen lieber eine Online-Filiale, statt eine solche kostenintensiv physisch aufzubauen. Viele unserer Fachhandelspartner haben verstanden, dass der Aufwand, einen Online-Shop zu betreiben, überschaubar ist, während dieser Kanal zusätzliche Kundengruppen und Erlöse bietet.
bpz: Viele traditionsreiche Maschinenbauer merken, dass es heute nicht mehr reicht, nur neue Produkte zu entwickeln. Immer wichtiger werden ergänzende Service-Pakete. Befindet sich Stihl auch inmitten einer Transformation?
Benteler: Das sehen wir insbesondere im Profi-Bereich. Hier muss nicht nur das Produkt passen – auch Lösungen wie Service oder Finanzierung sind obligatorisch. Ein wesentliches Element ist bei uns auch das digitale Gerätemanagement. So wird mit unseren Smart Connectoren eine verlässliche Erfassung zusätzlicher Gerätedaten durch Steuergeräteanbindung möglich gemacht. Die professionellen Anwender bekommen dadurch Einblicke in die Nutzung der Geräte, ihren Zustand und Wartungsbedarf. Das hilft, Prozesse im Betrieb zu optimieren.
bpz: Der Akku-Markt entwickelt sich seit Jahren sehr dynamisch. Viele Profis greifen wg. der begrenzten Laufzeit der Batterien trotzdem gerne auf Benzingeräte zurück. Durch die neuen Stihl-Entwicklungen wie Mehrfachladegerät oder Energiespeicher kann die Einsatzfähigkeit der Akku-Geräte nun verlängert werden. Werden nun auch die letzten professionellen Anwender überzeugt?
Benteler: Bei der Arbeit mit Akku-Technik ist es enorm wichtig, genügend Energie für jeden Einsatz parat zu haben. Dazu gehört das Lade- und Energiemanagement genauso wie eine mobile Stromversorgung, um Geräte auch außerhalb der Reichweite eines Stromnetzes einsetzen zu können. Wie gut der Profi ausgestattet sein muss, um Akkugeräte einzusetzen, hängt von der Anwendung ab. Geht der Nutzer mit einer Akku-Kettensäge MSA 300 in den Wald, in der ein starker AP 500 S Akkupack steckt, und nimmt er zwei oder drei Ersatz-Akkus mit, dann ist er nach getaner Arbeit wohl ‚müder‘ als die Säge selbst. Wenn wir über ein Blasgerät reden, welches deutlich mehr Energie als die Säge braucht, dann werden ein paar Akkupacks als Ersatz wohl nicht ausreichen, sodass sich der Nutzer über Lademöglichkeiten vor Ort oder mobile Energiespeicher Gedanken machen sollte. Wobei sich im Fall des Blasgeräts statt eines Akkupacks natürlich auch ein rückentragbarer Akku mit wesentlich höherem Energieinhalt anbieten würde. Wir bieten unseren Kunden da viele Möglichkeiten, um einsatzfähig zu bleiben.
bpz: All das sind Entwicklungen, die den Benzinmarkt nach und nach verdrängen.
Benteler: In hochentwickelten Ländern werden die Verbrennungstechnologien immer stärker reglementiert. Ein Szenario, dass die Benzingeräte hier auf lange Sicht weniger Zukunft haben, ist somit vorhanden. Hinzu kommt: Bei kleineren, handgetragenen Geräten ist die Autarkie für den emissionsfreien Akku-Einsatz schon heute relativ einfach möglich. Auch außerhalb von Regulierungen kann für den Kunden daher der Umstieg von Benzin auf Akku kein Schritt aus der Not heraus, sondern eine wirtschaftliche Entscheidung sein. Der batterieelektrische Antrieb ist in unseren Breitengraden zweifelsohne eine disruptive Technologie. Doch es gibt Regionen und Länder, wo konventionelle Geräte noch lange eine wichtige Rolle spielen werden.
bpz: Einer der größten Baugerätehersteller hat vor Kurzem eine neue Akku-Plattform für alle seine Gerätetypen und -größen auf den Markt gebracht. Diese Flexibilität erleichtert den Alltag des Profis. Ist ein solches Konzept auch für Stihl vorstellbar?
Benteler: Es gibt viele Hersteller, die nur ein Akku-System für zahlreiche Anwendungen haben. Stihl hat drei Systeme sowie Akkupacks und rückentragbare Akku-Varianten. Und das aus gutem Grund: Um unseren Kunden für ihren Einsatz das optimale Gerät hinsichtlich Anwendung, Ergonomie und Akkulaufzeit zur Verfügung stellen zu können, reicht ein System nicht aus. Der Betrieb von Bohrgeräten, Sägen, Trennschleifern oder Hämmern kann deutlich einfacher mit einem gemeinsamen Akku ermöglicht werden. Unsere Philosophie ist: Das Antriebssystem muss der Anwendung folgen und nicht umgekehrt. Das schätzen auch die professionellen Stihl-Anwender, daher sehen wir hier keinen grundsätzlichen Bedarf nach einem Akku-System für alle Anwendungen.
bpz: An welchen Innovationen wird gerade gearbeitet und welche Profi-Produkte sind seit 2022 neu im Sortiment?
Benteler: Allem voran ist hier die neue STIHL MSA 300 zu erwähnen – als derzeit stärkste Akku-Profisäge am Markt. Gerade in Verbindung mit dem ebenfalls neu entwickelten Akku AP 500 S kann sie ihre volle Leistungsfähigkeit entfalten – im GaLaBau genauso wie im Kommunal- oder Forstbereich. Beim neuen Akku ist erstmalig bei Stihl die sogenannte Power Laminat-Technologie verbaut, die für einen hohen Energieinhalt und eine Verdoppelung der Anzahl möglicher Ladezyklen gegenüber herkömmlichen Li-Ionen-Akkus sorgt.
Ein weiteres Highlight ist das neue Akku-Ladegerät AL 301-4, welches bis zu vier Akkus sequenziell aufladen kann. Entwickelt wurde es sowohl für den Einsatz in der Werkstatt als auch auf dem Fahrzeug. Dabei lassen sich die Ladestände aller Energiespeicher per Knopfdruck anzeigen. Die neue Powerstation PS 3000 macht es möglich, Akkus auch direkt am Einsatzort und unabhängig von der Steckdose zu laden. Die portable Stromversorgung ist zudem eine geräuschlose und emissionsfreie Alternative zum Generator für den Betrieb kabelgebundener Geräte außerhalb des Stromnetzes.
Mit dem neuen Smart Connector 2 A, der Daten wie Betriebsstunden oder Drehzahl erfasst, aber auch Störungen inkl. Zeit- und Datumsstempel, sind wir noch besser für das Flottenmanagement aufgestellt. Und mit dem neuen Gehörschutz ADVANCE Pro-COM bieten wird nun eine Lösung, die zwei Anforderungen auf der Baustelle miteinander verbindet: Die Kommunikation mit Kollegen – auch während der Anwendung benzinbetriebener Geräte z. B. – und einen effektiven Gehörschutz in lauter Umgebung. Beides erhöht die Arbeitssicherheit.
bpz: Herr Benteler, ich danke Ihnen für das Gespräch.
Weitere Informationen:
www.stihl.de