Die Leichtbauweise ist in zahlreichen Branchen auf dem Vormarsch. Durch Einsparung von Gewicht und Ressourcen passt dieses Konstruktionskonzept ideal in eine Zeit, wo Rohstoffe und Energie immer knapper und teurer werden und der Senkung von CO2 eine hohe Priorität beigemessen wird. Bei Fortbewegungs- und Transportmitteln wie Fahrzeuge, Schiffe oder Flugzeuge sorgen die leichten Komponenten für eine höhere Kraftstoffeffizienz, mehr Reichweite und Nutzlast. In der Raumfahrt ist diese Technologie sogar die Grundvoraussetzung für die weitere Erforschung des Weltalls: Hier schlägt jedes kg Nutzlast mit bis zu 100 kg Zusatzgewicht für Treibstoff und Rakete zu Buche.
Auch wenn die Deutschen beim Bauen immer noch schwere Massivbaustoffe bevorzugen, wird sich hier der Trend zum Leichtbau perspektivisch verstärken – nicht zuletzt deshalb, weil der Bau- und Immobiliensektor als Wirtschaftszweig mit dem größten Ressourcenverbrauch besonders in der Pflicht steht. Enormes Potenzial aus ökologischer und ökonomischer Sicht bieten für das Baugewerbe z. B. Gradientenbeton und Holzmodulbauweise.
Im Trend sind auch textile Gebäudehüllen, die neben einer Reduktion des Ressourcenverbrauchs auch neue Gestaltungsmöglichkeiten in der Fassade ermöglichen. Eine aktuelle Referenz für die erfolgreiche Umsetzung dieser Technologie ist das vor Kurzem in Betrieb genommene neue Ausbildungs- und Innovationszentrum für die Textilindustrie in Reutlingen. Die Bauteile der fast 2.000 m2 großen Fassade vom „Texoversum“ wurden aus Fasern gewickelt, die mit einem speziellen Kunststoffharz fixiert werden. Die raffinierte Konstruktion wurde am Computer entworfen und basiert auf Carbonfasern, die von Robotern gewickelt werden. Die leichten, aber zugleich auch hoch belastbaren Faserstrukturen kommen mit einem sehr geringen Materialeinsatz aus. Das spart nicht nur Ressourcen, sondern erleichtert auch Transport und Montage der Bauelemente. Für die nötige Festigkeit und Dauerhaftigkeit des Verbunds sorgt das aliphatische Polyurethanharzsystem Desmocomp von Covestro, in dem die Fasern wie in einer Matrix eingebettet werden.
Im Texoversum übernimmt die gesponnene Fassade gleich mehrere wichtige Funktionen: sie verleiht dem Gebäude eine einzigartige Optik und stabilisiert die umlaufenden Balkone. Zudem dient sie als Geländer und sorgt für die nötige Beschattung der dahinterliegenden Glasfront. Realisiert hat die Fassade der Hochschule die FibR GmbH aus Kernen im Remstal. Weitere Einsatzmöglichkeiten der Technologie sieht Miterfinder und Firmenchef Moritz Dörstelmann auch bei Anwendungen in Dachkonstruktionen, Stützen und im Innenausbau.
(Autor: Paul Deder)