Zwölf Jahre lang haben zahlreiche Akteure von der guten Baukonjunktur und boomenden Immobilienbranche profitiert. Seit dem zweiten Quartal 2022 ist die Party vorbei: Aus dem Verkäufer- ist ein Käufermarkt geworden, trotz des massiven Wohnraummangels sinkt die Nachfrage nach Wohnimmobilien spürbar. Der Auftragsbestand der Bauunternehmen schmilzt dahin, die Bauträger sind auf einmal gezwungen, Kaufinteressenten zu umwerben und auch für die ominösen Möchtegern-Makler, die sich trotz fehlender Fachkompetenz jahrelang die Taschen vollstopfen konnten, ist der Immobilienverkauf als Selbstläufer passe.
Die Baukosten sind für die letzten Bauwilligen surreal hoch, die Zinsen haben sich vervielfacht und die Regierung hat durch die Streichung der Förderprogramme vor einem Jahr dafür gesorgt, dass Bauinvestitionen aktuell so unattraktiv sind wie seit langem nicht mehr. Die Branche verkommt zusehends und gleicht einem unvorteilhaft aussehenden Mädchen, mit dem auf dem Abschlussball niemand tanzen will.
Dabei ist in der aktuellen Situation gerade die Politik gefragt, damit uns die Tanzpartner nicht ausgehen. „Ich möchte, dass wir es schaffen, in Deutschland gutes, bezahlbares und klimagerechtes Wohnen in einem lebenswerten Umfeld sicherzustellen“, sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz zu Beginn ihrer Amtszeit. Reine Rhetorik, denn wenig später wurde der Rotstift zu ihrem wichtigsten Werkzeug. Bisherige KfW-Programme für den Neubau wurden eingestellt, Bauherren wurden gezwungen nur nach der Vorgabe KfW 40 NH zu bauen, um finanzielle Unterstützung zu bekommen. Es folgten wilde Anpassungen bei Bundesförderungen und immer weiter sinkende Kredithöchstbeträge und Tilgungszuschüsse.
Trotz der dramatischen Lage in der Branche wird die Neubauförderung weiter verringert: Bei dem zum 1. März gestarteten Programm „Klimafreundlicher Neubau“ gibt es nur noch zinsverbilligte Kredite, aber keine Zuschüsse mehr. Zwar wird die Maßnahme scheinbar gut angenommen, doch die jährlich budgetierten 750 Mio. Euro sind nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Einer Lachnummer gleicht hingegen die zweite Säule der Förderung, die Familien mit Kindern beim Neubau und Erwerb von neugebautem klimafreundlichem Wohneigentum unterstützten soll. Ganze 350 Mio. Euro sind dafür jährlich vorgesehen, wobei Familien mit einem Jahreseinkommen von höchstens 60.000 als Zielgruppe definiert wurden. Sprich: Haushalte mit derart überschaubaren Einnahmen müssen trotz des immensen Fremdkapitalbedarfs ein überteuertes Bauprojekt stemmen können, das allerhöchste energetische Standards erfüllt. Man kann nur mutmaßen, dass nicht viele dazu finanziell in der Lage sein werden. Kalkül der Ampel? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
In den vergangenen Jahren hat der Wohnungsbau ungeahnte Höhen erlebt – auch weil sich die Förderung für die meisten Bauherren rechnete. Die Wirtschaftlichkeit des Bauprojektes traf dabei auf positive ökologische Effekte und reduzierte Betriebskosten für Mieter. Alle waren motiviert, zeitgemäß zu bauen. Nicht zuletzt dank unzureichender, an den Bedürfnissen des Marktes vorbeigehender Förderpolitik ist der ökologische Neubau für Investoren inzwischen so sexy wie Bundestagsreden von Karl Lauterbach. Durch die Bindung der Fördergelder an den EH 40-Standard, der deutliche bauliche Mehrkosten mit sich bringen, lohnt sich das Investment nicht mehr, der neue gesetzliche Standard EH 55 ist daher gerade bei kleineren Bauvorhaben wirtschaftlich vernünftiger. Geht so Klimaneutralität, bezahlbarer Wohnraum und dringend benötigte Ankurbelung des Neubaus? Wohl kaum.
(Autor: Paul Deder)