Die Digitalisierung hat uns fest im Griff. Wie wir einkaufen, unsere Freizeit gestalten, mit Menschen kommunizieren oder auf dem Laufenden bleiben – all das wird schon seit Jahren von Bits und Bytes geprägt. Die Geschwindigkeit unseres Alltags hat sich seit dem Siegeszug des Internets und der Entwicklung der sozialen Netzwerke vervielfacht. Nun weicht die anfängliche Neugier hier und da dem Wunsch, sich von der digitalen Umklammerung zu lösen und die weiße Fahne zu schwingen. Sogar Facebook-Fetischisten der ersten Stunde sehnen sich nach dreizehn Jahren wilder Gefällt-mir-Drückerei zurück ins Tal der Ahnungslosen, um Pseudo-Freunden und der virtuellen Realität zu entgehen.
Für die breite Masse bleibt das Ausstöpseln vom digitalen Alltag jedoch Wunschdenken. Die digitale Revolution ist immer noch voll im Gange. Während der Vernetzungsgrad im privaten Bereich der Familie und Freunde schon relativ hoch ist, sind auf der Ebene der Arbeitswelt noch deutliche Entwicklungspotenziale vorhanden.
Technologien wie Social Media, Cloud Computing etc. zwingen Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle grundlegend zu überdenken. Der Wille zum Erfolg zwingt sowohl Global Player als auch den Mittestand Schritt zu halten mit den Anforderungen des modernen Wirtschaftens. Dabei geht es nicht nur darum, innovative Technologien wie z. B. eine angepasste IT-Umgebung intern zu implementieren – komplett neue Geschäftsprozesse sind notwendig, um im Wettbewerbsumfeld nicht zum Mitläufer zu werden. Traditionelle Pfade und starre Strukturen müssen u. U. verlassen werden, weil heute nicht mehr das Produkt oder die Marke im Mittelpunkt stehen, sondern der Kunde. Sein täglicher Umgang mit der digitalen Welt des Internets hat sein Nutzungsverhalten verändert und damit auch seine Erwartungen an die Anbieter. Längst ist es für den Kunden zur Selbstverständlichkeit geworden, die Marke überall und zu jeder Zeit erleben zu können. Der Ersatz ist im Zweifelsfall einen Mausklick entfernt, der Wechsel zum anderen Anbieter kein Gewissenskonflikt mehr.
Veränderungsbereitschaft und eine funktionierende Digitalstrategie können eine mögliche Bedrohung der traditionellen Geschäftsmodelle abwehren. Starrsinn kann wiederum fatal enden – der Niedergang des Traditionsunternehmens Kodak ist ein prominentes Beispiel dafür. Zu lange hat sich der einstige Revoluzzer der Fotografie im Glanz der vergangenen Erfolge gesonnt. Die Fehleinschätzung der Zukunftstrends führte dazu, dass Kodak selbst Opfer einer Revolution wurde und im Zuge der Digitalisierung in der Bedeutungslosigkeit versank. Auf der anderen Seite kann die digitale Transformation zum Wachstumsmotor werden, was man z. B. oft bei Start-ups beobachten kann. Ihr Vorteil ist, dass sie noch nichts zu verlieren haben und sich so voll auf den Kundennutzen fokussieren können. Neues wagen, Fehler zulassen und bei Entwicklungen hohes Tempo gehen – all das würde auch etablierten Unternehmen gut tun.
Auch in der Baubranche führt an der Digitalisierung kein Weg vorbei. 93% der Bauindustrie stimmen laut einer Befragung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags der Aussage zu, dass die Digitalisierung die Gesamtheit der Prozesse beeinflussen wird. Das Building Information Modeling (BIM) besitzt bereits heute eine große Relevanz und soll bei öffentlichen Infrastrukturprojekten ab 2020 verbindlich genutzt werden. Der Aufbau einer „digitalen Bauwirtschaft“ könnte die Produktivität steigern und gerade im Bereich der Baustoffbeschaffung und Baustellenlogistik Kostensenkungen ermöglichen. Die Bedeutung des Megatrends Digitalisierung scheint in der Branche erkannt worden zu sein und doch hapert es an der Umsetzung. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger nutzen nur etwa 6% der Bauunternehmen digitale Planungsinstrumente vollständig. Daher gilt: die Branche muss aufholen und die digitale Transformation nicht nur als notwendiges Übel sehen, sondern als Chance für den eigenen Entwicklungssprung.
Autor: Paul Deder