ANDREAS STIHL AG & Co. KG
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Deutschland
Immer noch stellt die Corona-Krise die deutsche Industrie vor große Herausforderungen. Zwar leidet die wiedererstarkte Wirtschaft nicht mehr unter fehlender Nachfrage der Verbraucher und zurückhaltender Investitionsbereitschaft der Unternehmer. Jedoch fehlt es den Betrieben an Rohstoffen und Vorprodukten, was zu spürbaren Produktionsbehinderungen und in der Folge zu langen Lieferzeiten führt. Auch die Stihl Gruppe verzeichnet in 2021 weltweites Absatzwachstum, klagt jedoch über eine angespannte Liefersituation. Über Sorgen und Lichtblicke im zweiten Corona-Jahr sprach die bpz-Redaktion mit Heribert Benteler, Geschäftsführer der für den deutschen Markt verantwortlichen Stihl Vertriebszentrale in Dieburg.
bpz: Im Jahr 2020 konnte Stihl weltweit beim Umsatz um 16,5 % wachsen und in heimischem Markt erstmals die 400-Millionen-Euro-Marke übertreffen. Wie ist das gute Ergebnis angesichts der grassierenden Pandemie zu erklären?
Benteler: Es war bei uns in Deutschland nicht zu heiß und es hat immer wieder geregnet. Für uns ist das gute Wetter ein positiver Faktor und stets ein Impuls für einen guten Geschäftsverlauf. Hinzu kommt, dass die privaten Endverbraucher durch Lockdown und Home-Office viel Zeit in die Pflege des eigenen Umfelds investiert haben und so für eine anhaltend starke Nachfrage nach Produkten für Haus und Garten sorgten.
bpz: Die Kommunen haben 2020 weniger an Gewerbesteuern eingenommen als in den Jahren davor, was in der Baubranche auch Folgen für die Investitionsbereitschaft hatte. Spürten Sie die Auswirkungen des Pandemiejahres?
Benteler: Wir hatten schon die Befürchtung, dass die Kommunen ihre Budgets reduzieren und 2021 vorsichtiger planen. Eine Zurückhaltung können wir bislang jedoch nicht erkennen. Mag sein, dass langfristige Projekte zögerlicher vorangetrieben werden, in der kurzfristigen Betrachtung sehen wir jedoch keine Unterschiede beim Einkaufsverhalten unserer Kunden.
bpz: Das ist auch an den Zahlen abzulesen: Von Januar bis August wurde weltweit ein Umsatz in Höhe von 3,51 Mrd. Euro erwirtschaftet, was einem Wachstum von 11,7 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Herrscht in der deutschen Vertriebszentrale von Stihl Zuversicht für 2021?
Benteler:Bislang verzeichnen wir ein gutes Jahr, weil wir nach wie vor einen hohen Bedarf draußen spüren – sowohl im Privatsektor als auch bei den professionellen Anwendern. Letztere arbeiten im Grünen und haben gut zu tun, weil dank optimaler Witterungsverhältnisse die Vegetation gedeiht und sie in der Folge gepflegt werden muss. Wie erfolgreich das Jahr wird, hängt allerdings heute weniger von unserer Vertriebsleistung ab, sondern von der Lieferleistung unserer Werke. Könnten wir unseren aktuellen Auftragsbestand komplett und zeitnah abwickeln, dann wäre 2021 sicherlich ein Rekordjahr.
bpz: Das klingt so, als hätte auch Stihl mit Lieferengpässen zu kämpfen?
Benteler: Produktion und Logistik der Stihl-Gruppe leisten hervorragende Arbeit, trotzdem können wir leider nicht alles produzieren und liefern, was bei uns geordert wird. Auch wir haben mit Materialknappheit zu kämpfen, mit fehlenden Produktionskapazitäten bei Lieferanten und Wartezeiten beim Transport der benötigten Teile. Dennoch haben wir immer noch einen hohen Bestand an Produkten, die lagernd und somit zügig lieferbar sind. Es gibt aber auch Geräte, auf die unsere Händler nach der Bestellung eine Zeitlang warten müssen. Dies ist durch die eben erwähnten Rahmenbedingungen begründet, aber auch durch die anhaltend hohe Nachfrage. Stihl investiert massiv in die weitere Ausweitung der Produktion, wir haben zahlreiche neue Mitarbeitende eingestellt und arbeiten in allen Werken weltweit an der Kapazitätsgrenze. Es wird jedoch dauern, die Lager wieder aufzufüllen. Daher gehen wir davon aus, dass die Liefereinschränkungen uns auch im Jahr 2022 beschäftigen werden.
bpz: Gerade die professionellen Kunden können aber nicht wochen- und monatelang auf ihre Geräte warten. Besteht nicht die Gefahr, dass sie auf der Suche nach schnellen Lösungen an fremden Türen klopfen?
Benteler: Zum einen haben viele unserer Händler die Situation richtig eingeschätzt, sich rechtzeitig mit der Ware eingedeckt und können so ihren Kunden zeitnah passende Lösungen bieten. Auf der anderen Seite treffen die Schwierigkeiten in der Lieferkette unsere Wettbewerber sicherlich in einem vergleichbaren Maß. Doch auch wenn die Beziehung zwischen dem Handel und seinen Kunden durch die aktuell über alle Branchen hinweg herrschenden Unwägbarkeiten manchmal schwierig sein mag, sind wir davon überzeugt, dass diese dadurch nicht nachhaltig beeinträchtigt wird. Was uns betrifft, wir haben hervorragende Produkte, sind innovativ und haben ein gutes Fachhandelsnetz. Und wir haben kompetente Händler, auf die sich die Kunden bei Beratung und Service vollkommen verlassen können.
bpz: Gibt es angesichts der Probleme in der Lieferkette Gedankenspiele über eine mögliche Erhöhung der Fertigungstiefe?
Benteler:Diese Quote ist bei Stihl mit etwa 50 % bereits sehr hoch – Vergaser, Schalldämpfer, Kunststoffteile, Elektromotoren und Sägeketten kommen z. B. aus unseren eigenen Werken. Was möglicherweise helfen könnte, ist die Qualifikation weiterer Lieferanten für Komponenten, die wir nicht selbst bauen – wie z. B. Halbleiter. Auch daran arbeiten die Experten in unserem Supply-Chain-Management mit Hochdruck. Die Globalisierung der Lieferkette ist aus meiner Sicht jedoch weiter die richtige Strategie. Allein schon die Stihl Standorte im Ausland tragen dazu bei, mehr Resilienz in der Produktion zu erreichen. Es ist ein Trugschluss zu glauben, wir könnten alles allein in Europa oder Deutschland produzieren. Die in anderen Teilen der Erde sukzessive aufgebauten Kompetenzen sind in einer arbeitsteiligen Welt nicht so einfach zu ersetzen.
bpz: Erst im Juli wird in Dieburg das neue Logistikgebäude und das Fertigwarenlager in Betrieb genommen. Vom Ausbau der Kapazitäten können die Kunden wahrscheinlich noch nicht profitieren?
Benteler: Die Maßnahmen werden ihnen zwar nicht über Nacht, aber sicher mittelfristig Nutzen bringen. Unser Maßstab ist es, dass der Händler am nächsten Tag mit der bestellten Ware beliefert wird – möglichst zu 100 %. Momentan ist dieser Anspruch aus beschriebenen Gründen leider nicht zu erfüllen.
bpz: Werden in der Zukunft die Lagerkapazitäten erhöht?
Benteler: Für die Industrie wird zu prüfen sein, ob die Just-in-time Belieferung tatsächlich die richtige Methode ist, um die Effizienz auf die Spitze zu treiben. Auch wir bei Stihl denken natürlich über Lagerreichweite nach.
bpz: Nach dem Ausbruch der Pandemie haben Sie in Dieburg relativ schnell reagiert und Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter und zur Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit getroffen. Gab es konzeptionelle Anpassungen, die sich nachhaltig bewährt haben und auch in der Zukunft Anwendung finden?
Benteler: Wir entwickeln gerade ein Zielbild darüber, was wir an Gutem in die Zeit nach der Pandemie mitnehmen. Auch wenn der Arbeitsplatz unserer Beschäftigten hier am Standort Dieburg bleibt – das Arbeiten von Zuhause aus wird sicher auch in der Zukunft eine Rolle spielen. Vor Corona war Home-Office nicht unbedingt das Mittel der Wahl, heute wissen wir aus Erfahrung, dass die Arbeit aus der Ferne gut funktioniert. Auch bei internen Sitzungen und Gesprächen mit unseren Kunden werden wir sicherlich auch in Zukunft auf digitale Plattformen als Zusatzangebot setzen. Zu guter Letzt werden wir auch einen Teil der Schulungen und Informationsveranstaltungen online durchführen. Ein gutes Beispiel dafür ist unser Stihl Treff für den Fachhandel, der 2020 erstmals per Live-Stream im Internet stattfand, und nun ein Jahr später erfolgreich wiederholt wurde. Wir werden in den kommenden Jahren auf den persönlichen Kontakt mit den Händlern und den Dialog vor Ort keinesfalls verzichten wollen, es macht aber durchaus Sinn, begleitende Informationsblöcke auszugliedern und später separat zu streamen. Ähnlich verfahren wir bei allen Schulungen, für die keine Anwesenheitsnotwendigkeit besteht. Hier haben sich Live-Online-Trainings bewährt.
bpz: Bis Ende 2021 gibt es so gut wie keine Messen. Wie wird über Neuheiten informiert?
Benteler: Die Messen fehlen, denn es gibt Informationsbedarf – und zwar auf beiden Seiten, bei den Kunden wie auch bei uns. Mit den Stihl Profitagen, die im Oktober stattfanden, haben wir daher erstmals ein Online-Event zum Austausch mit Profis ins Leben gerufen. Dieses Format umfasst Fachbeiträge und Informationen rund um Neuheiten bei Stihl und wird aus meiner Sicht auch in der Zukunft unser Engagement auf Fachmessen und Veranstaltungen vor Ort ergänzen.
bpz: Mit einem eigenen Online-Shop ist Stihl im Frühjahr 2020 dem E-Commerce-Trend gefolgt. Wie ist das Fazit nach fast zwei Jahren stihl.de?
Benteler: Wir sind mit dem Beginn der Pandemie online gegangen und müssen heute gegen Versorgungsengpässe kämpfen. Allesamt keine idealen Bedingungen für den Start eines E-Commerce-Angebots. Die fehlende Ware macht uns zu schaffen, gerade weil ein Online-Shop von Verfügbarkeit lebt. Trotzdem: die Organisation steht, der Online-Direktvertrieb funktioniert und Interessierte haben eine weitere Plattform, um sich über Stihl-Produkte zu informieren und diese zu beziehen.
bpz: Was sind die neuesten Lösungen im Stihl-Sortiment?
Benteler:Anfang 2022 führen wir die MSA 300 als stärkste Akku-Säge im Markt ein. Insbesondere bei Arbeiten in lärmsensiblen Bereichen wird sie den Anwendern neue Dimensionen eröffnen. Ein Highlight ist auch der neue Akku AP 500 S, der die MSA 300 antreibt. Dessen Technologie sorgt für eine höhere Energiedichte und eine doppelt so lange Lebensdauer im Vergleich mit unseren herkömmlichen Akkus. Zudem haben wir mit dem BGA 300 in Kürze das erste rückengetragene Blasgerät in unserem Akku-Sortiment, das sich durch reduzierte Geräuschemissionen und große Blaskraft auszeichnet. Mit allen drei Lösungen stoßen wir im Akkubereich in neue Leistungsklassen vor, die besonders für Profi-Kunden interessant sind.
bpz: Der Fokus liegt klar auf Akku-Technologien.
Benteler: Das ist richtig. Wir merken, dass auch Profis zunehmend auf Akku-Geräte setzen, die in punkto Lautstärke sowohl Bediener als auch das Umfeld entlasten. Daher setzt unsere Entwicklung alles daran, um echte Alternativen für benzinbetriebene Geräte bieten zu können Mit der wachsenden Anzahl an Akkus, die genutzt werden, steigt im Übrigen auch die Notwendigkeit für ein rationelles Lademanagement am Einsatzort. Zum Beispiel mit der Firma Bott haben wir dafür ein Akku-Ladesystem für den mobilen Einsatz entwickelt. Der bottTainer wird auf der Grundplatte eines Pritschenfahrzeugs befestigt und ist mit Mehrfachladegeräten für das Laden von Stihl-Akkus ausgestattet. So können bis zu 28 AP-Akkus gleichzeitig geladen werden. Intelligente Lösungen für die Energieversorgung sind die Voraussetzung dafür, Unterbrechungen und Störungen im Einsatz zu vermeiden.
bpz: Mit dem Smart Connector ist Stihl vor drei Jahren in das Thema digitales Flottenmanagement eingestiegen. Was tut sich in diesem Bereich?
Benteler: Hier bieten wir inzwischen mit dem in die Geräte integrierten Smart Connector 2 A die Weiterentwicklung der Flottenmanagement-Lösung für professionelle Anwender an. Mehrere Tausend der Connectoren sind bereits im kommunalen Bereich und im GaLaBau implementiert. Wir sind überzeugt, dass die professionellen Kunden mit unserer Flottenmanagement-Lösung die Effizienz ihrer Arbeit erhöhen können, dadurch, dass sie jederzeit über Einsatzorte und Zustand ihrer Geräte informiert sind.
bpz: Herr Benteler, ich danke Ihnen für das Gespräch.
(Autor: Paul Deder)
Zugegeben: Die Stimmung im Garten- und Landschaftsbau war schon mal besser. Lt. der BGL-Frühjahrsumfrage 2024 beurteilen nämlich nur 63 % der Mitgliedsbetriebe des Bundesverbands ihr Geschäft als gut. 2021 waren noch fast 88 % der Betriebe zufrieden mit ihrer Geschäftslage. Trotzdem ist der Auftragsstand im Vergleich zum Vorjahr stabil und die Betriebe sind im Schnitt rund 19 Wochen im Voraus ausgebucht.