Seit 2017 wird der Bonner Münster generalsaniert. Die Maßnahmen am denkmalgeschützten Gebäude erfordern von Planern, Bauleitern und Verarbeitern gleichermaßen eine besonders umsichtige Vorbereitung und Ausführung – auch weil die Abläufe der Arbeiten sehr komplex sind und in enger Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde erfolgen müssen. Eines der vielen Gewerke war die Wärmedämmung der Gewölbe in den verschiedenen Teilen des Münsters, welche durch die Proceram-Gruppe aus Kamp-Lintfort durchgeführt wurde.
Das zuständige Aachener Büro Hahn Helten Architektur suchte eine Lösung für die Dämmung der Kuppeln aus Tuffstein: Hier mussten eine Perlit-Dämmung aus den 70er Jahren entfernt, statisch bedingte Risse an der Gewölbeoberkante saniert und dann neue Dämmung aufgebracht werden. Nach einer Analyse stand fest, dass auf den Gewölben unbedingt ein leichter Dämmputz ohne Zement eingesetzt werden sollte, bei dem auch die Wasserdampf-Durchlässigkeit gegeben war.
Insgesamt ging es hier um Flächen auf verschiedenen Jochen und der Apsis im Mittelschiff, über der Vierung, dem Querhaus, dem Hochchor und den Seitenschiffen mit insgesamt über 1.000 m2. Die etwa 30 bis 35 cm dicken Gewölbedecken sind aus Tuffstein gemauert und durften kaum belastet werden. Sie sind durch Übermauerungen mit Dachbindern unterteilt, dazwischen gibt es verschiedene Steganlagen. Der Arbeitsbereich war daher für die Handwerker sehr beengt, da auch Balken, Dielenböden und Lüftungsrohre umsichtig geschützt werden mussten. Diese Situation machte die anstehenden Arbeiten sehr kompliziert und erforderte zahlreiche Schutzvorkehrungen.
Putz auf den Boden aufgebracht
Aufgrund der Beschaffenheit des Tuffsteins wurde zur Dämmung die Spezialmischung CERABRAN Branelit Plus, ein gut wärmedämmendes Kalk- und Perlitgemisch, eingesetzt und in einer Stärke von insgesamt 7 cm aufgebracht. Dieser Kalkputz benötigt ebenso wie auch der darunterliegende Tuffstein sehr viel Feuchtigkeit und musste daher regelmäßig vorsichtig gewässert werden, sodass der Putz langsam und ohne Rissbildung trocknen konnte. Gleichzeitig galt es zu beachten, dass sich an der Gewölbeunterseite schon bereits restaurierte historische Deckenmalereien befinden, die keineswegs wegen einer Durchfeuchtung der Decken nass werden durften. Entscheidend war somit das richtige Maß an Feuchtigkeit.
Ungewöhnlich war für alle Beteiligten auch die Tatsache, dass Putz ja gewöhnlich an Wänden angebracht wird und man deshalb problemlos an alle betroffenen Stellen herankommt. Im Bonner Münster wurde der Putz jedoch quasi auf dem Boden direkt vor den eigenen Füßen und zwischen allen Balken und Stegen aufgebracht. Wie die bauleitende Architektin berichtete, war eine der größten Herausforderungen, dass die Putzmaschine nicht nach oben gebracht werden konnte. Um die Gewölbeflächen mit dem Material von oben erreichen zu können, mussten Putz- und auch Bewässerungsschlauch durch die vorhandenen Öffnungen der Lüftungsrohre in den einzelnen Gewölben zum Einsatzort geführt werden. Bei einer Höhendifferenz von rund 20 m zwischen Kirchenschiff und Dachraum hat dies einigen Aufwand erfordert.
Putz schichtweise aufgebracht
Vor dem Aufbringen des neuen Putzes stand die gründliche Reinigung der Gewölbekappen: Staub und Gesteinsbrocken wurden dabei von einem Hochleistungsstaubsauger aufgenommen. Danach wurden Balken und Steganlagen geschützt und die Dielenböden geöffnet. Schließlich brachten die Mitarbeiter den Putz in drei Schichten auf, wässerten nach jeder Schicht gewissenhaft oder deckten diesen mit feuchter Jute ab, um ein zu schnelles Trocknen zu verhindern. Da hier direkt unter dem ungedämmten Dach mit offenen Gaubenfenstern gearbeitet wurde, war man bei den Arbeiten teilweise sprichwörtlich Wind und Wetter ausgesetzt und musste dafür sorgen, dass weder Wind noch die teils hohen Temperaturen unter dem Dach den Putz vor seiner Aushärtung schädigen konnten. Die anspruchsvolle Aufgabe wurde durch die Zusammenarbeit zwischen Hahn Helten Architektur und Proceram ohne Zwischenfälle bewältigt, sodass die im Terminplan vorgesehene Zeit unterschritten werden konnte. Ende dieses Jahres wird der Innenraum wiedereröffnet, im kommenden Jahr dann die komplette Sanierung abgeschlossen.
bpz meint: Die Sanierung alter Kirchengebäude ist in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung. Zum einen erschwert die Lage im Stadtkern die Baustellenlogistik. Zum anderen sind behutsames Vorgehen und Vorkehrungen gefordert, um erhaltenswerte Oberflächen und Bauteile zu schützen. Für weitere Schwierigkeiten sorgen die oft fragile Statik alter Konstruktionen und verbaute historische Materialien. Gerade bei der energetischen und brandschutztechnischen Ertüchtigung der Bauwerke sind daher ganz spezielle Lösungen und besonderes Knowhow bei der Verarbeitung vonnöten.
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