Während sich die Babyboomer in den Ruhestand verabschieden und die Millennials Karriere machen, tritt die Generation Z langsam ins Rampenlicht. Bei den Arbeitgebern verbreiten die Digital Natives Angst und Schrecken: Trägheit und mangelnde Motivation werden ihnen nachgesagt, ebenso wie geringe Belastbarkeit und hohe Ansprüche. Millionen verwöhnter Gören und verzogener Bengel mit schlechter Arbeitsmoral, dafür aber einem Faible für Tofu, Gerechtigkeit und apokalyptische Endzeitszenarien. Wohnstandskinder, die ohne WLAN und bei leerem Akku apathisch werden, tagtäglich auf dem Sofa herumlümmeln und außerhalb der Online-Welt weder kommunikations- noch beziehungsfähig sind. Alles nur ein Klischee?
Schon immer haben ältere Generationen die veränderten Verhaltensmuster ihrer Nachfolger moniert. Die politische und wirtschaftliche Lage hat die heranwachsende Jugend geprägt und in ihnen Werte und Charakterzüge verankert, die naturgemäß auf Ablehnung ihrer Wegbereiter stoßen. Es ist eben ein Unterschied, ob man seine Kindheit zu Zeiten des Wiederaufbaus, des Kalten Kriegs oder des technischen Fortschritts und steter Digitalisierung erlebt. Sicherlich „ticken“ die behütet aufgewachsenen Zler anders als ihre krisengestählten Vorgänger – auch, weil sie bis vor einigen Jahren vor multiplen Notlagen weitgehend verschont wurden. Die Ausübung eines Jobs als Teil des täglichen Überlebenskampfes ist ihnen genauso fremd wie die elterliche Top-Down-Befehlskette in der Erziehung. Der berufliche Einsatz und Erfolg stehen bei ihnen daher eher an zweiter Stelle. Im Zweifel hat der Klimaschutz mehr Stellenwert als der wirtschaftliche Wohlstand. Mehr als wir legt die Generation Z Wert auf persönliche Entfaltung und intellektuelle Herausforderungen im Job. Als Vorgesetzter ist es also nicht verkehrt, mehr Aufwand für die Sinnvermittlung der zu bewältigenden Aufgaben zu betreiben, damit sie eine nachvollziehbare Mission in ihrem Tun erkennen.
Sie verstehen, dass Arbeit kein Ponyhof ist, doch großgezogen von überfürsorglichen Helicopter-Eltern erwarten sie Führung auf Augenhöhe. Außerdem bestehen sie auf einer strikten Trennung von Arbeit und Freizeit mit klar definierten Rahmenbedingungen im Beruf. Aus der Erfahrung ihrer Vorgänger haben sie gelernt, dass Leistungsbereitschaft und Flexibilität oft mit ständiger Verfügbarkeit verbunden werden. Arbeiten, um zu leben, ist ihre Maxime und nicht umgekehrt. Sie haben das Selbstverständnis, „Nein“ zu sagen, wenn die Mittagspause noch zwei Minuten dauert, und haben wenig Hemmungen, einen Krankenschein abzugeben, wenn die Gesundheit das erfordert. Das ist auch ihr gutes Recht.
Es ist also durchaus eine Umstellung in den Hierarchien, Strukturen und Abläufen nötig, um die Generation „Greta“ für sich zu gewinnen. Doch es kann sich lohnen. Ihre Online-Kompetenz ist erstklassig, sie können schnell „schalten“, finden dank Google & Co. zügig Lösungen, sind gut vernetzt und offen für neue Konzepte und Ideen. Auf sie werden wir uns verlassen müssen, um die Technologien der digitalen Welt umzusetzen. Dafür müssen die Arbeitgeber bereit sein, traditionelle Arbeitsweisen neu zu denken. Eine Abkehr von der Fünf-Tage-Woche? Das Ende der unsäglichen Legebatterien als funktionales Bürokonzept? Oder eine kritische Auseinandersetzung mit dem Feedbackwesen à la „Nicht geschimpft ist Lob genug“? Für das alternativlose Buhlen um die neuen Jungen in Zeiten des Fachkräftemangels sollte es keine roten Linien geben. Für die Wirtschaft könnte es sogar von Nutzen sein, den Status quo zu hinterfragen. Nur wer aneckt, kann Veränderungen in Gang setzen.
(Autor: Paul Deder)